Ausland

Brasilien unterbricht klinische Studien mit Coronaimpfstoff­kandidat aus China

  • Dienstag, 10. November 2020
Eine Mitarbeiterin des Instituts für Infektiologie Emilio Ribas zeigt den Impfstoff gegen SARS-CoV-2 des chinesischen Pharmakonzerns Sinovac zu Beginn der dritten Testphase des Wirkstoffes. /picture alliance, Andre Lucas
Eine Mitarbeiterin des Instituts für Infektiologie Emilio Ribas zeigt den Impfstoff gegen SARS-CoV-2 des chinesischen Pharmakonzerns Sinovac zu Beginn der dritten Testphase des Wirkstoffes. /picture alliance, Andre Lucas

Rio de Janeiro – In Brasilien sind die klinischen Studien mit einem zunächst vielver­spre­chenden chinesischen Impfstoffkandidaten gestoppt worden. Nach einem „ernsten nega­ti­ven Vorfall“ habe sie die Aussetzung der Tests mit dem Impfstoff CoronaVac angeordnet, teilte die Behörde Anvisa gestern mit.

Demnach finden bereits seit dem 29. Oktober keine klinischen Studien mehr mit dem vom Pharmaunter­nehmen Sinovac Biotech entwickelten Impfstoff mehr statt. Sinovac Biotech betonte in einer ersten Reaktion, dass der Impfstoffkandidat sicher sei.

Worum es sich bei dem „ernsten negativen“ Vorfall genau handelte, teilte Anvisa nicht mit. Die genauen Umstände könnten aufgrund der Privatsphärerichtlinien nicht öffentlich gemacht werden, hieß es.

Gemeint seien mit negativen Vorfällen jedoch Todesfälle nach der Verabreichung des Mittels, potenziell lebensgefährliche Nebenwirkungen, schwerwiegende Behinderungen, Krankenhausaufenthalte, Geburtendefizite und weitere „klinisch signifikante Vorkomm­nis­se“, erklärte Anvisa weiter. Den Angaben zufolge war von dem genannten negativen Vor­fall eine freiwillige Testperson betroffen.

Sinovac Biotech wies Sicherheitsbedenken zurück. „Wir sind überzeugt von der Sicherheit des Impfstoffs“, erklärte das in Peking ansässige Unternehmen. Der von Anvisa angeführte negative Vorfall habe „keinen Bezug zu dem Impfstoff“.

Das Butantan-Institut für öffentliche Gesundheit, das die klinischen Studien mit Impf­stof­fen in Brasilien koordiniert, zeigte sich „überrascht“ über die Entscheidung der Behörde. Es fänden nun „detaillierte Untersuchungen zu dem Vorfall“ statt, erklärte das Institut und kündigte für den heutigen späten Vormittag eine Pressekonferenz an.

Die Regionalregierung des Bundesstaats Sao Paulo äußerte sich ebenfalls enttäuscht über die vorübergehende Einstellung der klinischen Studien. Sie bedaure, dass sie „aus den Medien von der Entscheidung erfahren“ habe und nicht direkt von Anvisa, teilte die Regionalregierung mit. Sie erwarte nun Informationen des Butantan-Instituts über die „wahren Gründe für die Aussetzung“ der klinischen Studien.

Der Gouverneur von Sao Paulo, Joao Doria, gehörte bislang zu den prominentesten Unter­stützern der klinischen Studien mit CoronaVac. Doria gilt auch als einer der wichtigsten politischen Rivalen von Staatschef Jair Bolsonaro. Der rechtsextreme Präsident bezeich­ne­te CoronaVac in der Vergangenheit abschätzig als Impfstoff „aus diesem anderen Land“. Er setzte sich stattdessen für einen gemeinsam von der Universität Oxford und dem Pharmaunternehmen AstraZeneca entwickelten Impfstoff ein.

Gemessen an der Todesfallrate ist Brasilien das zweitschwerste von der Coronapandemie betroffene Land der Welt. Mehr als 162.000 Menschen starben in dem südamerikanischen Land bereits an den Folgen einer Coronainfektion, mehr als 5,6 Millionen Menschen haben sich mit dem Erreger angesteckt.

Die Mitteilung über den Stopp der klinischen Studien mit CoronaVac erfolgte nur einen Tag, nachdem die Firmen Biontech aus Mainz und Pfizer aus den USA einen Erfolg bei den klinischen Studien mit ihrem Impfstoffkandidaten verkündet hatten.

Demnach verhindert der Stoff in 90 Prozent der Fälle eine Erkrankung an der von dem neuartigen Coronavirus verursachten Lungenkrankheit COVID-19. Die beiden Unter­neh­men wollen nun bereits in der kommenden Woche in den USA die beschleunigte Geneh­migung des Impfstoffs beantragen.

afp

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