Politik

Britta Müller: Ein Jahr Gesundheitspolitik mit BSW-Parteibuch

  • Donnerstag, 11. Dezember 2025
Britta Müller (BSW), Ministerin für Gesundheit und Soziales in Brandenburg /picture alliance, Hannes P Albert
Britta Müller (BSW), Ministerin für Gesundheit und Soziales in Brandenburg /picture alliance, Hannes P Albert

Potsdam – Sie ist die bundesweit erste Gesundheitsministerin des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW): Seit dem 11. Dezember 2024 leitet Britta Müller das Potsdamer Ministerium für Gesundheit und Soziales (MGS). Und nach einem Jahr im Amt zog die ursprünglich aus der SPD stammende Politikerin eine positive Zwischenbilanz.

„Wir haben im ersten Jahr sehr viel erreicht und konnten wichtige Vorhaben auf den Weg bringen“, sagte sie jetzt in Potsdam. Doch das wichtigste gesundheitspolitische Thema im abgelaufenen Jahr war eigentlich kein Landesthema: Die Krankenhausreform wird bekanntlich in erster Linie vom Bund geregelt.

Müller und ihr Abteilungsleiter Michael Zaske, der in der Brandenburger Gesundheitspolitik parteiübergreifend als kompetenter Fachmann im Hintergrund geschätzt wird, nutzten dabei den Bundesrat, um Brandenburger Positionen einzubringen.

„Alle Krankenhausstandorte in Brandenburg sollen als Orte der regionalen Gesundheitsversorgung erhalten bleiben“, so Müller. Dabei gelte für jeden Standort, dass es keinen Umbau einer stationären Leistung ohne Alternativangebot geben solle. „Ambulante und stationäre Angebote werden enger verzahnt, sodass die Grundversorgung vor Ort gesichert bleibt, während komplexe Eingriffe in spezialisierten Kliniken durchgeführt werden können.“

Finanziell hatte die Ministerin schon im Sommer gute Nachrichten für die Kliniken: Im Haushalt des Landes stehen 2025 und 2026 jeweils 200 Millionen Euro für die Krankenhausförderung zur Verfügung. Das ist ein deutlicher Aufwuchs im Vergleich zu den Vorjahren, als 110 Millionen zur Verfügung standen. Zudem sollen 460 Millionen Euro aus dem Sondervermögen des Bundes für Infrastruktur und Klimaneutralität in die Sicherung der Gesundheitsversorgung investiert werden. 40 Millionen davon sollen in die Stärkung der regionalen Versorgung fließen.

Als Vermittlerin agierte Müller im Streit zwischen den Landkreisen und den Krankenkassen zur Finanzierung des Rettungsdienstes. Allerdings ist auch dort ein Handeln auf Bundesebene erforderlich: Müller fordert, dass neben der klassischen Transportleistung auch die medizinische Behandlung vor Ort durch den Rettungsdienst systematisch und verbindlich abrechenbar sein sollte. Zudem sollten auch der Transport per Rettungswagen in ambulante Versorgungsstrukturen sowie die telemedizinische Versorgung als Leistungen des Rettungsdienstes anerkannt und finanziert werden.

Ein genuines BSW-Thema ist dagegen der Umgang mit Menschen, die unter den Folgen einer Coronaimpfung oder an Long-COVID-Symptomen leiden. Durch die Regierungsbeteiligung der Wagenknecht-Partei gewann dieses Thema in Brandenburg deutlich an Bedeutung. So führte Müller auch Gespräche mit Betroffenen angeblicher Impfschäden. Und die Versorgung von Menschen, die unter Long-COVID-Symptomen oder dem Chronischen Fatigue-Syndrom (ME/CFS) leiden, will die Ministerin in Brandenburg gezielt verbessern.

Bei Fachverbänden stößt die Brandenburger Ministerin insgesamt auf Zustimmung. „Im ersten Jahr nach ihrer Vereidigung hat Ministerin Müller wichtige Entscheidungen angestoßen und sich hartnäckig im Bundesrat für Brandenburg, insbesondere bei den Anpassungen zur Krankenhausreform, eingesetzt, auch wenn ihre Bemühungen auf Bundesebene nur zu einem Teil erfolgreich waren“, sagte Ärztekammer-Präsident (LÄKB) Frank-Ullrich Schulz unserer Redaktion.

„Bei den zahlreichen Aktivitäten rund um die Krankenhausplanung, der gezielten Bündelung von Leistungen an zentralen Standorten und der Förderung spezialisierter Zentren zeigt sie, dass ihr die künftige stationäre Versorgung im Land wichtig ist.“ Kritisch bleibe indes die Zukunft der ambulanten Versorgung.

„Die jüngsten Vorschläge von Ministerin Müller zur Entlastung der GKV durch Mehrbelastung des ambulanten Sektors sind eher nicht zielführend“, sagte Schulz. „Ambulant darf nicht gegen stationär ausgespielt, sondern muss für eine stabile Versorgung gemeinsam gedacht werden.“

Auch der Geschäftsführer der Landeskrankenhausgesellschaft (LKB), Detlef Troppens, würdigte das Eintreten Müllers im Bundesrat für Brandenburgs Kliniken. „Viele der noch im KHVVG enthaltenen Regelungen würden den notwendigen Transformationsprozess mit einer bedarfsgerechten Absicherung der Gesundheitsversorgung deutlich erschweren, wenn nicht verhindern“, sagte Troppens.

Man begrüße, dass das Land Brandenburg die Co-Finanzierung des Transformationsfonds zugesagt und auf den Weg gebracht habe. „Damit wird es möglich, konkrete Projekte schnell in die Spur zu bringen“, erklärte Troppens. „Der politische Wille der Ministerin, die ambulante Versorgung mehr mit der stationären Versorgung zu verzahnen, wird von der Landeskrankenhausgesellschaft Brandenburg ausdrücklich begrüßt.“ Allerdings fehlten noch wichtige bundesgesetzliche Werkzeuge zur Umsetzung.

Kritischer sieht das Wirken der Ministerin naturgemäß die Opposition. Zwar attestierte der Cottbuser Gesundheitspolitiker Michael Schierack Müller, sich gut in ihr Amt eingearbeitet zu haben und einen soliden Eindruck zu hinterlassen. Doch die Finanzierung der Rettungsfahrten sei noch immer ungelöst.

„Die Ministerin begnügt sich bislang zu sehr mit einer moderierenden Rolle; eine Lösung ist weiterhin nicht in Sicht – mit potenziell gravierenden Folgen“, sagte Schierack. Zudem drohe weiterhin der Abbau von Krankenhausstandorten. „Auch hier übernimmt die Ministerin keine klare Führungsrolle, sondern setzt ihre Hoffnungen vor allem auf andere Akteure, vorzugsweise den Bund.“

Die AfD-Gesundheitspolitikerin Daniela Oeynhausen erklärte, Müller komme nicht daran vorbei, Kernthemen der AfD zu berücksichtigen: „Post-Vac-Syndrome, neue Ideen für die Pflege und die Entlastung der Krankenkassen von versicherungsfremden Leistungen.“

Bei der Klinikreform und dem Transformationsfonds herrsche aber weiter „Geheimniskrämerei“. „Wer wissen will, ob sein Krankenhaus 2027 noch steht, bekommt nur ein Schulterzucken“, so Oeynhausen. „Diese Intransparenz beschädigt Vertrauen und demokratische Rechte.“

benl

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