Ärzteschaft

Bundesärztekammer: EU-Kommission beschneidet gesundheits­politische Kompetenzen der Mitgliedsstaaten

  • Freitag, 13. Januar 2017

Berlin – Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) hat das am 10. Januar veröffent­lichte sogenannte Dienstleistungspaket der Europäischen Kommission kritisiert. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die Europäische Kommission patientenschützende Regeln der Mitgliedsstaaten aufgrund von ökonomischen Erwägungen einer erneuten Verhältnismäßigkeitsprüfung unterziehen will, sagte Frank Ulrich Montgomery. Ein solches Vorgehen könne wichtige Maßnahmen zum Schutz der Patienten erheblich verzögern. „Wenn die Europäische Kommission dies in Kauf nimmt, ordnet sie die Patientensicherheit den Marktinteressen unter“, erklärte der BÄK-Präsident.

Das Dienstleistungspaket der Europäischen Kommission sieht unter anderem vor, Berufsregeln hinsichtlich ihrer „Verhältnismäßigkeit“ zu prüfen. Dies soll auch für Regelungen gelten, die dem Patientenschutz dienen. „Mit ihrem Vorschlag suggeriert die Europäische Kommission, dass bestehende Berufsregeln grenzüberschreitende Tätigkeit verhindern“, so Montgomery. Dabei sei das Gegenteil der Fall. Das beweise die hohe Zahl von Ärzten, die bereits heute in einem anderen EU-Mitgliedstaat arbeiten.

Der BÄK-Präsident hat deshalb den europäischen Gesetzgeber aufgefordert, dieser über­flüs­si­gen Gesetzgebung eine Absage zu erteilen. Sie erschwere es den Mitglieds­staaten, die Berufsausübung in verhältnismäßigem Rahmen zu regeln und missachte deren gerade beim Gesundheitsschutz EU-vertraglich garantierten Einschätzungs­spielraum.

Zudem verursache die Verhältnismäßigkeitsprüfung enorme Kosten und Bürokratie. „Leider hat Brüssel den Brexit-Warnschuss nicht gehört. Denn statt sich auf ihre eigentlichen Aufgaben zu konzentrieren, versucht die Kommission abermals, die gesundheitspolitischen Kompetenzen der Mitgliedsstaaten zu beschneiden“, kritisierte Montgomery.

In diesem Zusammenhang hat die BÄK auf einen Beschluss zur Binnenmarktstrategie (BT-DRS 18/8867) vom Juni 2016 verwiesen. Darin verdeutliche auch der Deutsche Bundestag, dass „die mitgliedstaatliche Regelungskompetenz für Berufsregelungen […] nicht infrage gestellt werden“ darf.

Der BÄK zufolge ist in Deutschland die sorgfältige Verhältnismäßigkeitsprüfung durch Bundes- und Landesregierungen sowie Berufskammern geübte Praxis. Hierzu verpflich­ten das Grundgesetz und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts.

hil/sb

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