Bundesärztekammer sieht mutige Reformen als Notwendigkeit für gesicherte Versorgung

Berlin – Mutige Reformschritte im Gesundheitswesen forderte heute die Bundesärztekammer (BÄK). Mit Blick auf die Bundestagswahl in knapp sieben Wochen und die sich daran anschließenden Koalitionsverhandlungen sagte BÄK-Präsident Klaus Reinhardt, Gesundheitspolitik spiele zwar im Wahlkampf noch keine hervorgehobene Rolle – die bestehenden Probleme in einer Gesellschaft des langen Lebens müssten aber gelöst werden.
„Die Gesundheitsversorgung in Deutschland steht vor massiven Herausforderungen, die mutige Reformen in allen Leistungsbereichen des Gesundheitssystems erfordern. Prävention, Versorgungssteuerung, Entbürokratisierung und die nachhaltige Sicherung der Finanzierung unseres Gesundheitswesens gehören in den Fokus der neuen Bundesregierung“, betonte Reinhardt. Er verwies auf das im Dezember vorgelegte Positionspapier der BÄK.
In der Prioritätensetzung sehe man die Themenbereiche Prävention, Gesunderhaltung und Gesundheitskompetenz „weit oben“, so Reinhardt. Derzeit würden in Deutschland jährlich hunderttausende Menschen an den Folgen vermeidbarer Krankheiten wie Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen sterben.
Dies führe zu menschlichem Leid und koste das Gesundheitssystem Jahr für Jahr Milliardensummen. Die Dinge einfach weiterlaufen zu lassen, führe zu einem „Reparaturbetrieb Gesundheitswesen“ – dabei könnten durch Prävention und gesunde Lebensführung viele Volkskrankheiten wirksam bekämpft werden.
Kinder müssten vor dem übermäßigen Konsum zucker- und fetthaltiger Lebensmittel geschützt werden, zum Beispiel durch gezielte Werbeverbote und die Einführung einer Zuckersteuer. Flankiert werden sollten diese Maßnahmen aus Sicht der BÄK durch regelmäßigen und verbindlichen Gesundheitsunterricht an Schulen und Berufsschulen. Hierfür seien, so betonte Reinhardt, zusätzliche personelle und finanzielle Ressourcen erforderlich.
Er forderte zudem mehr Koordination in der Patientenversorgung. Bislang erfolge der Zugang zur medizinischen Versorgung komplett ungesteuert. Die Folge sei ein ungeordnetes Nebeneinander: In bestimmten Regionen habe jeder Zweite im Schnitt zwei Hausärzte. „So etwas können wir uns bei zunehmender Personalnot und knapper Kassen nicht mehr leisten“, warnte Reinhardt. Die politische Umsetzbarkeit eines Primärarztsystems schätze er als gut ein. Wichtig sei dabei ein gewisses Maß an Verbindlichkeit.
Angegangen werden müsse von einer neuen Bundesregierung auch das Thema Entbürokratisierung. Um Ärztinnen und Ärzten mehr Zeit für die eigentliche Patientenversorgung zu geben, schlug Reinhardt eine Bürokratie-Taskforce von Politik und Selbstverwaltung vor. Diese solle bereits vorliegende Einzelvorschläge zum Bürokratieabbau aufgreifen und die Bürokratiebelastung im Gesundheitswesen um mindestens zehn Prozent pro Jahr senken.
Mit Blick auf die steigenden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) forderte Reinhardt unter anderem, versicherungsfremde Leistungen über Steuern zu finanzieren. „Diskussionsbedarf“ sehe die BÄK auch bezüglich der Verteilung der Transformationskosten im Zusammenhang mit der Krankenhausreform: Die zu großen Teilen der GKV aufzubürden, sei ordnungspolitisch verfehlt.
Ulrich Langenberg, Geschäftsführer Politik für die BÄK, sagte zur Krankenhausreform, diese bedürfe einer „Nachbearbeitung“. Die Umsetzung der Reform werde die Akteure noch Monate nach der Wahl beschäftigen. Auch Reinhardt sprach von vielen Detailfragen, welche in der konkreten Ausgestaltung noch zu klären sind.
GOÄ-Novellierung weiter auf Agenda
„Selbstverständlich“ gehöre zu den Forderungen der BÄK auch die Umsetzung einer Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), betonte Reinhardt. Man hoffe in den anstehenden Gesprächen mit den ärztlichen Berufsverbänden auf konstruktive Ergebnisse. Beim 129. Deutschen Ärztetag in Leipzig, dieser findet Ende Mai statt, solle dann eine Entscheidung herbeigeführt werden.
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