Ärzteschaft

Bundesärztekammer: Deutschland benötigt Public-Health-Strategie

  • Freitag, 28. November 2025
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (rechts, CDU) und BÄK-Präsident Klaus Reinhardt /Marten Ronneburg
Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (rechts, CDU) und BÄK-Präsident Klaus Reinhardt /Marten Ronneburg

Berlin – Die Bundesärztekammer (BÄK) spricht sich für eine übergreifende, wissenschaftlich fundierte Strategie für Public Health in Deutschland aus. Eine Bestandsaufnahme zum Thema stellte unter anderem BÄK-Präsident Klaus Reinhardt heute mit Bundesgesundheitsministerin Nina Warken (CDU) in Berlin vor.

Man habe das Thema zu einem Schwerpunktthema der aktuellen Wahlperiode erklärt und wolle die politische Debatte aus ärztlicher Sicht aktiv mitgestalten, sagte Reinhardt. Die Stellungnahme ist heute veröffentlicht worden, das Deutsche Ärzteblatt berichtet darüber auch in der aktuellen Ausgabe.

Die Bestandsaufnahme verstehe sich als Beitrag zur Strategieentwicklung und Gestaltung von Public Health, sagte die Federführende des zuständigen BÄK-Arbeitskreises, Ute Thyen. Die Ministerin dankte für „den zielgerichteten Input, der die Diskussion weiterbringt“.

Es gebe beim Gesundheitszustand der Bevölkerung, bei der Gesundheitskompetenz und bei den Anreizen für eine möglichst gesunde Lebensführung sicherlich noch Luft nach oben, so die Einschätzung der Ministerin. Public Health sei jedoch sehr, sehr komplex. „Aber auch komplexe Bereiche haben viele Ansatzpunkte für gute Lösungen.“

Gesundheitliche Belange müssten systematisch in sämtliche Politikfelder integriert werden, zum Beispiel in den Bereichen Bildung, Umwelt und Stadtentwicklung, sagte Reinhardt. Hintergrund seien komplexe Herausforderungen für das Öffentliche Gesundheitswesen. Wichtige Faktoren dabei seien der demografische Wandel, die Zunahme chronischer Erkrankungen und psychischer Belastungen, die wachsende kulturelle Diversität, aber auch die Folgen globaler Krisen.

Mit „großer Freude, aber auch mit gewissen Erwartungen“ habe man wahrgenommen, dass die Bundesregierung sich in der dieser Legislatur für die Stärkung der Prävention und Gesundheitsförderung mit Fokus auf verhältnispräventive Maßnahmen ausspreche, so Reinhardt. Gemeinsames Ziel müsse es nun sein, aus diesen Bausteinen ein tragfähiges Public-Health-System zu entwickeln. Die Stellungnahme solle zu dem notwendigen Diskurs beitragen.

Erhebliche Potenziale lägen insbesondere in der Reduktion von nichtübertragbaren Krankheiten, von tabak- und alkoholassoziierten Erkrankungen und von Krankheiten, die auf einer ungesunden Ernährung oder zu wenig Bewegung basieren, sagte Thyen. „Die effektivsten Strategien binden immer gesundheitsfördernde Gestaltung der Umwelt und Lebenswelten und Förderung einer gesunden Lebensführung des Einzelnen zusammen.“

Sie hob zudem hervor, dass es künftig auf das rasche Erfassen von Daten über den Gesundheitszustand der Bevölkerung und die Stärkung der Gesundheitskompetenz ankomme. Bei der Entwicklung und Umsetzung von Strategien müssten unterschiedlichste Gruppen beteiligt werden.

Warken: Kommen bei Daten, Gesundheitskommunikation und Gesundheitssicherheit voran

Warken ging auf drei Punkte näher ein, bei denen gesundheitspolitisch angesetzt werde: Mit dem in diesem Herbst vorgestellten Forschungsdatenzentrum lasse sich in Bezug auf die Verfügbarkeit und Breite von Daten ein neues Level erreichen, wovon alle Forschungsbereiche profitieren könnten. Man stelle sich der Aufgabe, die Bevölkerung schneller und besser mit faktenbasierten Gesundheitsinformationen erreichen zu können.

Die Gesundheitskommunikation solle noch deutlich stärker miteinander abgestimmt werden, angefangen mit den nachgeordneten Behörden des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Das Robert-Koch-Institut (RKI) und das Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG) seien dabei, sich noch enger zu vernetzen: Eine engere Zusammenarbeit sei insbesondere im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit, bei Aufklärungskampagnen und Gesundheitskommunikation gewünscht. Zudem hätten Gesundheitssicherheit und Resilienz im Krisenfall mehr Bedeutung bekommen. „Da müssen wir uns mit Szenarien beschäftigen, die jahrzehntelang als ausgeschlossen galten.“

Zu ungesunden Produkten wird EU-Initiative abgewartet

Auf eine Frage nach ihrer Position zu Forderungen nach einer stärkeren Regulierung ungesunder Produkte wie Tabak, Alkohol und stark zuckerhaltigen Getränken verwies Warken auf eine Initiative, die noch in diesem Jahr von EU-Gesundheitskommissar Olivér Várhelyi vorgelegt werden solle. Dabei gehe es etwa um „mehr Hinweise auch auf ungesunde Lebensmittel, ungesundes Verhalten“.

Daran anknüpfend müsse hierzulande überlegt werden, welche Maßnahmen sinnvoll und passgenau sind. Es gebe bei dem Thema aber ein Risiko, als zu bevormundend wahrgenommen zu werden, machte die Ministerin deutlich.

Kürzlich waren Erwägungen der EU-Kommission bekannt geworden, im kommenden Jahr eine Abgabe auf stark verarbeitete Lebensmittel mit hohem Fett-, Zucker- und Salzgehalt vorzuschlagen.

Welch große Errungenschaften Public-Health-Maßnahmen zu verdanken sind – daran erinnerte der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates der BÄK, Michael Hallek. Als Beispiele nannte er etwa die heutzutage nicht mehr wegzudenkende Händedesinfektion, beispielsweise vor einer Operation, und Impfungen beispielsweise gegen Polio. Zu den neuen Fragestellungen zähle etwa die Handynutzung von Kindern in der Schule.

ggr

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