Prävention: Bundestagsabgeordnete sehen Staat in der Pflicht

Berlin – Um bestehende Probleme im Gesundheitssystem langfristig zu lösen, braucht es mehr Prävention. Das betonten Ende vergangener Woche mehrere Bundestagsabgeordnete auf dem Neuen Qualitätskongress Gesundheit.
Der SPD-Politiker Serdar Yüksel bemängelte etwa die unterschiedlich hohe Lebenserwartung von Menschen in Münster im Vergleich zum wenige Kilometer entfernten Gelsenkirchen. Um diese künftig anzugleichen, müsse das Thema Prävention schon von Lebensanfang an mitgedacht werden, anstatt lediglich die „Feuerwehrmedizin“ zu bezahlen, sagte Yüksel, der auch examinierte Pflegefachkraft ist.
Es sei einerseits wichtig, den Menschen zu erklären, dass sie sich um ihre Gesundheit eigenverantwortlich kümmern müssten. Dies entbinde die Politik aber nicht aus der Pflicht ebenfalls Präventionsmaßnahmen umzusetzen, etwa die Tabak- oder Alkoholsteuer zu erhöhen oder eine Zuckersteuer einzuführen. „Neben der individuellen Verantwortung braucht es den Staat, der verantwortlich ist“, sagte Yüksel.
Auch für die gesundheitspolitische Sprecherin der Unionsfraktion im Bundestag, Simone Borchardt (CDU), ist Prävention ein sehr wichtiges Thema. Man sollte jetzt darin investieren und sie prioritär im Bundeskanzleramt behandeln, schlug Borchardt vor. Dies sei nötig, weil sich das Thema durch alle Ministerien ziehe, unter anderem Landwirtschaft, Ernährung, Bildung, Arbeit, Wirtschaft und eben auch Gesundheit.
Zur möglichen Einführung einer Zuckersteuer – etwa wie in Großbritannien – zeigte sich Borchardt offen und ergänzte: „Wir haben das schonmal ausgerechnet.“ Ihre Offenheit gegenüber einer Zuckersteuer erwähnte sie vor einiger Zeit bereits im Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt.
Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer (BÄK), forderte, die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung müsse zudem verbessert und Gesundheitsfachkräfte an Schulen flächendeckend etabliert werden. Dazu sei die BÄK bereits mit der Kulturministerkonferenz (KMK) im Austausch. „Mit guter Prävention können wir die Krankenhausstrukturen in zehn bis 15 Jahren auch nochmal reduzieren“, sagte Reinhardt im Blick auf die jetzt anstehende Krankenhausreform.
Diese wird derzeit im Bundestag beraten. Die Krankenhausreform sollte künftig das ärztliche Personalbemessungssystem der Bundesärztekammer (ÄPS-BÄK) integrieren, betonte der Grünen-Bundestagsabgeordnete Johannes Wagner. Das Instrument wird derzeit erprobt. Offen ist noch, ob es verbindlich im Zuge der Krankenhausreform eingeführt wird.
Für die geplante Vorhaltefinanzierung sei es aber sinnvoll, wenn nicht nur die Pflege über das Pflegebudget, sondern auch andere Berufsgruppen entsprechend herausgerechnet würden, um eine „reine Vorhaltepauschale“ zu erhalten, sagte Wagner. So sollten künftig die ärztlichen Bedarfe mit dem System entsprechend berücksichtigt werden, so der Kinderarzt.
Der SPD-Politiker Yüksel sprach sich zudem dafür aus, dass die spezielle Kinder- und Jugendmedizin sowie die Infektiologie als Leistungsgruppen erhalten bleiben sollten.
Der Entwurf des Krankenhausreformanpassungsgesetzes (KHAG) sieht derzeit die Streichung von vier Leistungsgruppen vor, die im Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz (KHVVG) noch vorgesehen waren. Offen ist, ob die SPD-Fraktion sich im parlamentarischen Verfahren mit ihren geforderten Änderungen zum KHAG durchsetzen werden können.
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