Bundesrat gegen Geheimpreise und Bundesethikkommission
Berlin – Der Bundesrat hat sich heute erstmals mit dem Medizinforschungsgesetz befasst und ist mit dem Gesetz überhaupt nicht zufrieden. Die Länderkammer folgte einer Vorlage des Gesundheitsausschusses des Bundesrats, in dem eine Reihe von Änderungen angemahnt werden.
Unter anderem lehnt der Bundesrat die geplante Schaffung einer spezialisierten, beim Bund angesiedelten Ethikkommission dar. Dagegen hatten sich auch zahlreiche Ärztevertreter und Organisationen, wie etwa die Bundesärztekammer ausgesprochen.
Ebenso in der Kritik: geheime Preise für Arzneimittel, die Arzneimittelhersteller von der gesetzlichen Krankenversicherung erstattet bekommen. Abseits der großen Intransparenz, stehe dem Verfahren ein hoher bürokratischer und finanzieller Aufwand mit nur fraglichen Nutzen entgegen, hieß es heute.
Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) betonte heute, dass die Zielrichtung des Gesetzes, dass den rückläufigen Trend bei der Durchführung von klinischen Prüfungen in Deutschland umkehren wolle, richtig sei.
Aber etwa die geplante Schaffung einer spezialisierten, beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angesiedelten Ethikkommission stelle das bewährte System der in den Ländern eingerichteten Ethik-Kommissionen ohne Zugewinn an Verlässlichkeit und Schnelligkeit infrage, sagte sie.
„Es besteht eine absolute Notwendigkeit, dass eine unabhängige ethische Bewertung von klinischen Prüfungen auch in Zukunft beibehalten bleibt. Dies ist seit Jahrzehnten ein Grundprinzip des Probandenschutzes in Deutschland“, so Nonnemacher.
Die Errichtung einer spezialisierten Ethikkommission beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte könne jedoch diese so wichtige Unabhängigkeit bei der ethischen Bewertung gefährden, da das Bundesgesundheitsministerium die Mitglieder der Kommission benennen und die Fachaufsicht führen solle.
Der Entwurf des Medizinforschungsgesetzes ist Teil eines am 13. Dezember 2023 von der Bundesregierung beschlossenen Strategiepapiers „Verbesserungen der Rahmenbedingungen für den Pharmabereich in Deutschland“, mit dem die Attraktivität des Forschungs- und Produktionsstandorts gestärkt werden soll.
Konkret sollen Rahmenbedingungen für die Entwicklung, Zulassung und Herstellung von Arzneimitteln und Medizinprodukten verbessert werden. Inhalt des Gesetzentwurfs sind Änderungen des Arzneimittelgesetzes, des Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetzes, des Strahlenschutzgesetzes und der Arzneimittelverschreibungsverordnung.
Für ihre Positionen bekamen die Länder heute zustimmung. „Wir begrüßen, dass die Länder die Möglichkeit für Pharmaunternehmen ablehnen, Geheimpreise für Arzneimittel zu vereinbaren“, sagte Stefanie Stoff-Ahnis, Vorständin des GKV-Spitzenverbandes.
Geheimpreise hebelten das Gebot der Wirtschaftlichkeit aus. Wenn den Ärzten die Preistransparenz genommen werde, können sie nicht mehr wirtschaftlich verordnen. „Wenn sich Geheimpreise durchsetzen, werden sie die ohnehin steigenden Ausgaben für Arzneimittel deutlich um viele Milliarden Euro zusätzlich in die Höhe treiben.“
Ähnliche Töne kommen vom AOK-Bundesverband. „Die Einführung von geheimen Erstattungsbeträgen würde zu erheblicher Intransparenz sowie zu einem hohen bürokratischen und finanziellen Aufwand führen, der mit verantwortungsvollen gesundheitsökonomischen Erwägungen nicht vereinbar ist“,sagte Jens Martin Hoyer, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der AOK.
„Überhaupt scheint kaum jemand die Geheimpreise für eine gute Idee zu halten: Weder die Ärzteschaft, noch die PKV und sogar Teile der Pharmaindustrie sprechen sich explizit dafür aus. Da fragt man sich schon: Wem nutzt das am Ende eigentlich trotzdem?“
Der Bundesverband der Arzneimittelhersteller (BAH) äußerte Bedenken bei einigen vorgeschlagenen Streichungen, insbesondere im Bereich klinischer Prüfungen und des Strahlenschutzgesetzes. Diese Vorschläge passten nicht zu den Zielen des Gesetzes.
„Einheitliche Richtlinien sind der Schlüssel zur erfolgreichen Umsetzung unserer nationalen Pharmastrategie“, sagte Dorothee Brakmann, Hauptgeschäftsführerin des BAH. Daher spreche man sich nachdrücklich für die Beibehaltung der Richtlinienkompetenz des Arbeitskreises Medizinischer Ethik-Kommissionen (AKEK) aus.
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