Bundesrechnungshof bemängelt steuerfreien Tabak und Physiotherapie bei Soldaten

Berlin – Tabakwaren, die Hersteller an Beschäftigte unentgeltlich abgeben, sind von der Tabaksteuer befreit. Das hat der Bundesrechnungshof (BRH) heute erneut in seinem Jahresbericht bemängelt. Kritik gab es auch an fehlendenden Vorgaben für die Verordnung von Physiotherapie bei Bundeswehrsoldaten.
Die Regelung der Tabaksteuerbefreiung widerspreche der Steuergerechtigkeit und sei gesundheitspolitisch bedenklich, schreibt der BRH. Von der Regelung sind der Behörde zufolge rund 11.000 Beschäftigte der Tabakindustrie begünstigt. Der BRH rechnet in seinem Report vor, dass ein Geschenk von einer Schachtel Zigaretten pro Tag und Beschenktem, im Jahr etwa 1.200 Euro an Tabaksteuer spart. Die Steuermindereinnahmen beliefen sich im vergangenen Jahr auf rund sechs Millionen Euro.
Kosten auf 23 Millionen Euro gewachsen
Die Steuerbefreiung wurde laut BRH nach dem 1. Weltkrieg aus sozialen Gründen eingeführt. Sie sollte Diebstähle in der Tabakindustrie reduzieren, zur Arbeitsmotivation beitragen und den damals geringen Lohn ergänzen. Der BRH hatte seit 1989 mehrmals empfohlen, diesen Steuervorteil abzuschaffen. Seitdem sind Steuermindereinnahmen von rund 170 Millionen Euro entstanden, so die Prüfer.
Kritisch äußert sich der BRH erneut auch zur physiotherapeutischen Versorgung von Bundeswehrsoldaten. Bereits vor Jahren hatten die Prüfer festgestellt, dass die jährlichen Ausgaben für Behandlungen der Soldaten durch zivile Therapeuten zwischen 2002 und 2012 von 14 auf 23 Millionen Euro gestiegen waren. Die Ursachen sahen die Prüfer in fehlenden Vorgaben für die Verschreibung von Physiotherapie bei der Bundeswehr.
„Anders als im zivilen Gesundheitssystem sah der Rezeptdruck der Bundeswehr nicht vor, einen Bericht über den Therapieverlauf anzufordern“, erläutern die Rechnungsprüfer. Die Ärzte des Sanitätsdienstes würden daher „häufig ohne gesicherte Erkenntnisse zum bisherigen Verlauf, ob die Therapie fortzuführen oder umzustellen war“ entscheiden. Eine „ausufernde Verschreibungspraxis“ sei auch durch „fehlende Transparenz und Kontrollmöglichkeiten“ begünstigt worden. Darüber hinaus seien die bundeswehreigenen physiotherapeutischen Einrichtungen „nicht effizient organisiert gewesen“.
Die Prüfer bemängeln darüber hinaus, dass das Bundesverteidigungsministerium zwar zugesichert habe, die Mängel abzustellen. Dies sei aber bisher nicht geschehen. Die Folge sei, dass sich die Kosten im vergangenen Jahr weiter erhöht hätten. Laut BRH sind die jährlichen Ausgaben für Behandlungen durch zivile Therapeuten mittlerweile auf 25,7 Millionen Euro angestiegen. Mit ihrem zögerlichen Handeln habe das Ministerium „vermeidbare Mehrausgaben“ in Kauf genommen, heißt es in dem Bericht.
Alles in allem könnte die Bundesregierung weniger Geld ausgeben und mehr Steuern einnehmen, meint der BRH. Der Bund sollte sich „nicht allein auf weitere, automatische Haushaltsentlastungen durch sprudelnde Steuereinnahmen und fallende Zinsen stützen“, warnt BRH-Präsident Kay Scheller.
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