Bundesregierung will Impfpflicht für Masern einführen

Berlin – Die Pläne für eine Masernimpfpflicht in Deutschland für Kitas und Schulen werden konkreter. Anfang Mai will Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) einen entsprechenden Vorschlag vorlegen, wie er gestern im ZDF heute journal sagte. Es gehe nicht nur um das eigene Kind, sagte Spahn. Er finde, aus Debatten müsse auch Handlung erfolgen. Probleme müssten nicht nur besprochen, sondern auch gelöst werden.
Spahn führte zuletzt unter anderem Gespräche mit dem Koalitionspartner SPD. SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach zeigte sich Ende März zuversichtlich, „dass wir demnächst einen entsprechenden Vorschlag vorlegen können“. Auch Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) plädierte unlängst für eine Impfpflicht.
Das Land Brandenburg war am vergangenen Donnerstag vorgeprescht. Der Landtag forderte die rot-rote Landesregierung mit breiter Mehrheit auf, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass bis zu einer bundesrechtlichen Lösung eine Impfung als verpflichtende Voraussetzung für den Besuch von Kitas und Tagespflege gilt. Zugleich soll die Landesregierung eine Bundesratsinitiative einbringen.
Rechtlich dürfte ein Zwang zur Masern-Impfung nicht leicht durchzusetzen sein. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte schon vor zwei Jahren auf verfassungsrechtliche Probleme hingewiesen. Die Experten schlossen aber die Möglichkeit, eine Impfpflicht für bestimmte Krankheiten durchzusetzen, nicht generell aus. Für Kitakinder könnte das noch einigermaßen funktionieren, bei Schulkindern ist das möglicherweise schwieriger.
Bundesländer uneins
Bei den Bundesländern gibt es derzeit keine einheitliche Position. Einige wollen den Vorschlag des Bundes abwarten. Dies würde jedenfalls eine bundeseinheitliche Lösung erleichtern. Andere haben bereits angekündigt, eigene Gesetze anzugehen.
Neben dem Brandenburger Landtag zeigte sich Nordrhein-Westfalens Landesregierung entschlossen, eine Impfpflicht einzuführen. Derzeit prüft das Land aber noch. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) signalisierte aber bereits, dass er für eine Impfpflicht ist. Er habe Spahn ausdrücklich seine Unterstützung zugesichert.
Nach einem Masernausbruch in Schleswig-Holstein fordert die Hamburger CDU eine Impfung aller städtischen Mitarbeiter, die mit Kindern arbeiten. Außerdem solle der Besuch einer Kita für Kinder nur noch mit „einwandfrei nachgewiesenem Impfstatus“ möglich sein, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin, Birgit Stöver.
In Niedersachsen lehnt Gesundheitsministerin Carola Reimann (SPD) hingegen eine Impfpflicht vorerst ab. Über diesen Schritt solle erst dann diskutiert werden, wenn es langfristig zu einer Verschlechterung der derzeitigen Situation komme, sagte die SPD-Politikerin.
Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kolat sieht weiter keinen Bedarf, eine Masernimpfpflicht für Kinder einzuführen. „Prinzipiell habe ich nichts gegen eine Impfpflicht, aber wir warten jetzt den Gesetzentwurf auf Bundesebene dazu ab“, erklärte die SPD-Politikerin. Wenn die Impfpflicht bundesweit komme, setze Berlin sie um.
Der hessische Gesundheitsminister Kai Klose (Grüne) will mit einer besseren Aufklärung für höhere Impfquoten sorgen. „Aus unserer Sicht ist eine Impfpflicht im Moment nicht verhältnismäßig und auch nicht notwendig“, sagte er. Man müsse einfach die Bevölkerung, aber auch Berufsgruppen im Gesundheitswesen und bei der Kinderbetreuung stärker für das Thema sensibilisieren.
Baden-Württemberg prüft eine Masern-Impfpflicht für Kinder und Jugendliche in Gemeinschaftseinrichtungen wie Kitas und Schulen. „Eine Impfpflicht darf kein Tabu sein“, sagte Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) heute in Stuttgart. Die Impfquote bei Masern sei in Baden-Württemberg unbefriedigend.
Die Bundesärztekammer sprach sich wie der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte für eine Impfpflicht aus. Die Landesärztekammern sind wie die Bundesländer bisher nicht einer Meinung.
Anstieg weltweit um mehr als 300 Prozent
Wie die Weltgesundheitsorganisation WHO heute mitteilte, nahm die Zahl der Masernfälle weltweit im ersten Quartal 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 300 Prozent zu. Es seien mehr als 112.000 Infektionen in 170 Ländern gemeldet worden. Ein Jahr zuvor seien es gut 28.000 Fälle in 163 Ländern gewesen. Es handele sich um vorläufige und unvollständige Daten, aber es sei „eine eindeutige Entwicklung erkennbar“, erklärte die WHO.
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