Bundessozialgericht hilft schielenden Kindern mit starker Sehschwäche

Kassel – Schielende Kinder, die gleichzeitig eine starke Sehschwäche haben, können von der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gegebenenfalls Brillengläser mit hoher Brechkraft beanspruchen. Denn dies kann medizinisch erforderlich sein, wie heute das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zugunsten eines Jungen aus Rheinland-Pfalz entschied (Az. B 3 KR 16/22 R).
Als der Junge 2018 sechsjährig in die Schule kam, litt er unter starkem Schielen und zudem einer Sehschwäche mit rund plus acht Dioptrien. Um für die Nahsicht das Schielen überwinden zu können, benötigte er zweigeteilte Brillengläser, wobei die Grenze zwischen dem oberen Fern- und dem unteren Nahsichtteil genau auf Höhe der Pupille liegen musste.
Anders als bei Erwachsenen kommen die Krankenkassen bei Kindern und Jugendlichen bis zur Volljährigkeit unter bestimmten Voraussetzungen für Brillengläser auf, nicht allerdings für das Gestell. Hier bewilligte die Krankenkasse 390 Euro für zwei Gläser.
Der Augenarzt hatte allerdings hochbrechende und dadurch dünnere Brillengläser verordnet. Die Eltern beschafften diese und zahlten dafür 116 Euro drauf. Mit ihrer Klage verlangen sie von der Krankenkasse eine Erstattung.
Zur Begründung verwiesen sie auf das wegen der starken Sehschwäche hohe Gewicht regulärer Gläser. Auch mit einem Sportgestell führe dies dazu, dass die Brille bei Bewegung verrutsche. Der für den Ausgleich des Schielens notwendige genaue Sitz sei dann nicht mehr gewährleistet.
Anders als die Vorinstanzen gab das BSG der Klage nun statt. Bei der Verordnung der Brille stehe in diesem Fall die therapeutische Versorgung des Schielens im Vordergrund.
Anders als bei anderen Brillen für Kinder und Jugendliche sehe die Hilfsmittelrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses keine Einschränkungen hinsichtlich des Brechungsindexes der Gläser vor.
Einschränkungen bei der Versorgung mit Brillen, die allein dem Ausgleich der Sehschwäche dienten, seien hier nicht einschlägig. Zwar sei auch dies für den Jungen wichtig, als Versorgungszweck sei die Sehschwäche gegenüber dem Schielen aber nachrangig.
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