Politik

Chirurgie sucht Austausch mit der Politik

  • Dienstag, 18. März 2025
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Berlin – Qualitätskontrolle der Krankenhausreform durch Versorgungsforschung, das Mitdenken der ärztlichen Aus- und Weiterbildung bei allen Reformvorhaben und die Implementierung einer zivil-militärischen Zusammenarbeit zum Schutz der Bevölkerung ­– dies sind einige der aktuellen politischen Forderungen der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH).

„Wir wollen uns Gehör verschaffen und in den Austausch mit den Verantwortlichen in der Politik gehen“, sagte DGCH-Präsident Udo Rolle heute in Berlin. Diese Themen zögen sich wie ein roter Faden durch den 142. Deutschen Chirurgie Kongress in München Ende März, der unter dem Motto „Sichere Chirurgie für alle“ stehe.

Eine bessere, effizientere und gerechtere Gesundheitsversorgung durch die Krankenhausreform lasse sich nur durch systematische Qualitätskontrolle sicherstellen, betonte Thomas Schmitz-Rixen, Generalsekretär der DGCH. Hierbei spiele die Versorgungsforschung eine entscheidende Rolle. Sie ermögliche Reformmaßnahmen objektiv zu bewerten und evidenzbasiert nachzusteuern.

„Die Reform birgt das Risiko, dass Krankenhäuser ungleich betroffen sind oder bestimmte Patientengruppen, insbesondere vulnerable Patienten, benachteiligt werden“, sagte er. Diese möglichen Fehlentwicklungen gelte es zu identifizieren, so Schmitz-Rixen. Zudem sei dringend erforderlich, stärker auf den ärztlichen Nachwuchs in der Chirurgie zu hören. „Ohne diesen Nachwuchs sind wir nichts“, verdeutlichte er.

Davon, dass die Reform erhebliche Veränderungen im bestehenden System der Weiterbildung nach sich ziehen wird, ist Hans-Joachim Meyer, Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgie (BDC), überzeugt. Sie sei möglicherweise mit finanziellen Einbußen für die Weiterzubildenden und zeitlichen Verzögerungen bei der Weiterbildung verbunden. Ob und welche Änderungen es in der Weiterbildungsordnung bei der Chirurgie geben müsse, werde beim nächsten Deutschen Ärztetag Ende Mai in Leipzig diskutiert. Anpassungen würden jedoch sicherlich nötig sein. „Nur so lässt sich die hohe Qualität der Weiterbildung und der chirurgischen Versorgung auch dauerhaft garantieren“, sagte Meyer.

Die Gemeinsame Weiterbildungskommission Chirurgie, die sich aus Expertinnen und Experten des BDC, der DGCH, des Berufsverbands für Orthopädie und Unfallchirurgie (BVOU), des Berufsverbands der niedergelassenen Chirurgen und Chirurginnen (BNC) sowie allen chirurgisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften zusammensetze, biete sich jederzeit in beratender Funktion an, um Erfahrungen und Expertise bei der Weiterbildung des chirurgischen Nachwuchses in den Kliniken und Praxen mit einzubringen. Durch die Krankenhausreform werde es einen „völligen Wandel" geben, so Meyer. „Wir brauchen eine adäquate Weiterbildung – sowohl ambulant als auch stationär.“

Um Transparenz für Weiterbilder und Weiterzubildende zu gewährleisten sowie sektorenübergreifende Weiterbildungsverbünde zu fördern, schlage die gemeinsame Weiterbildungskommission Chirurgie ein digitales Register der laufenden Weiterbildungen für Ärztinnen und Ärzte vor, das bei den Ärztekammern angesiedelt sein könnte, so Meyer weiter. So ließen sich die Rotationen für die Weiterzubildenden realistisch gestaltbar machen.

Voraussetzungen für funktionierende Weiterbildungsverbünde seien rechtssichere Arbeitsverträge, eine Angleichung der Gehälter und die Klärung der Berufshaftpflicht bei Orts- beziehungsweise Arbeitgeberwechseln sowohl für Weiterbildende als auch für Weiterzubildende. Weitere Vorschläge der Kommission sind Vereinheitlichungen zur Erlangung einer Weiterbildungsbefugnis und eine ausreichende Refinanzierung der den Weiterbildungsstätten entstehenden Kosten. „Die ärztliche Aus- und Weiterbildung muss grundsätzlich bei allen Reformvorhaben und auf allen Ebenen von Beginn an mitgedacht werden“, forderte Meyer.

Dass die Patientensicherheit in der robotischen und in der minimalinvasiven viszeralchirurgischen Weiterbildung durch strukturierte Trainingsprogramme, durch Supervision und durch den gezielten Einsatz von Simulatoren auf hohem Niveau gewährleistet werden könne, betonte heute Ludger Staib, Kongresspräsident 2025 der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV). Er wies darauf hin, dass man in der Diskussion der Weiterbildung und der Patientensicherheit in der Chirurgie minimalinvasives Operieren und Robotik voneinander trennen müsse.

„Die Weiterbildung in minimalinvasiver Chirurgie läuft flächendeckend parallel zur Weiterbildung in der etwas geringer werdenden offenen Chirurgie“, erklärte er. In der Robotik finde sie jedoch nur dort statt, wo auch Roboter im klinischen Einsatz seien. Hier müssten nicht nur die Operierenden, sondern das ganze Team einschließlich Pflege ausgebildet werden.

Die Notwendigkeit für mehr Aus-, Fort- und Weiterbildung bezüglich der Versorgung von Menschen bei einem Massenanfall von Verletzten, betonte Dietmar Pennig, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Ärztinnen und Ärzte sowie das Pflegepersonal müssten durch Hospitationen, Austauschprogramme und gezielte Fort- und Weiterbildungsprogramme wie Advanced Trauma Life Support qualifiziert werden, sagte er heute. Spezifische Schulungen für die besonderen Verletzungsmuster im Terror- und Desasterumfeld seien dringend zu ermöglichen und zu finanzieren.

Noch sei es nicht akut, aber „wir müssen uns auf den Weg machen“, betonte Pennig. Die Sicherheitslage in Deutschland und Europa habe durch die Positionierung der US-amerikanischen Regierung auf der Münchner Sicherheitskonferenz eine signifikante Verschärfung erfahren. Vordringlich umzusetzen sei die Implementierung der zivil-militärischen Zusammenarbeit zum Schutz der Bevölkerung und damit der Daseinsvorsorge. „Ein Zögern im Auf- und Ausbau der notwendigen Strukturen ist aus Sicht der Fachgesellschaften nicht hinnehmbar und muss als gefährdend eingestuft werden.“

ER

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