„Comeback der Chirurgie“: Statistik zu Schönheitseingriffen in Deutschland veröffentlicht

Dresden – Operative Eingriffe gewinnen in der ästhetisch-plastischen Chirurgie wieder an Bedeutung, minimalinvasive Verfahren bleiben dennoch die unangefochtene Basis. So resümiert die Deutsche Gesellschaft für Ästhetisch-Plastische Chirurgie (DGÄPC) die aktuellen Ergebnisse ihrer Statistik 2024/25, die auf der Befragung von 4.548 Patientinnen und Patienten basiert.
Alle Fragebögen der Statistik wurden von Personen ausgefüllt, die zum ersten oder zum wiederholten Mal eine Beratung und/oder einen Termin in einer Praxis für Plastische und Ästhetische Chirurgie vereinbart haben. Unter den Befragten waren 83,6 Prozent Frauen, 11,4 Prozent Männer, 0,2 Prozent gaben divers an und 4,8 Prozent machten keine Angabe. Das Durchschnittsalter lag bei 44,5 Jahren und hat sich im Vergleich zu früheren Jahren kaum verändert.
Nach wie vor führen Botulinumbehandlungen („Botox“) mit einem Anteil von 13,8 Prozent das Ranking an – vor Oberlidstraffungen (12,8 Prozent) und Faltenunterspritzungen (10,5 Prozent). Gegenüber dem Vorjahr zeigt sich allerdings: Die Zuwächse bei den klassischen chirurgischen Maßnahmen sind deutlicher als bei den Injektionstherapien – DGÄPC-Präsident Helge Jens sprach hier von einem „Comeback der Chirurgie“, nachdem während und kurz nach der Pandemie vor allem minimalinvasive Eingriffe dominiert hatten.
Ein weiterer Wandel findet sich in der Brustchirurgie: Erstmals steht 2025 die Bruststraffung mit 8,1 Prozent an der Spitze vor der Brustvergrößerung mit Implantaten (7,8 Prozent) und der Brustverkleinerung (ebenfalls 7,8 Prozent). Hier zeige sich eine Verschiebung weg vom reinen Volumenzuwachs hin zu stärker harmonisierten Proportionen.
Trend zu Natürlichkeit und neuen Operationstechniken
Wie Holger Pult, einer der Präsidenten der diesjährigen DGÄPC-Jahrestagung, ausführte, stünden Brustvergrößerungen bei den jüngeren Patientinnen zwischen 18 und 30 Jahren noch auf dem ersten Platz. Insgesamt sei aber ein Trend zur Natürlichkeit zu beobachten, der sich auch in den Techniken niederschlage. „Die Bruststraffung mit Eigenfetttransplantation gehört zu den neuen Techniken, die diesem Trend Rechnung tragen“, so Pult. In der Statistik beträgt deren Anteil über alle Altersgruppen mittlerweile 2,9 Prozent.
Mit Blick auf jüngere Patientinnen und Patienten zählte Helge Jens neben den Brustvergrößerungen mit Implantat (14,8 Prozent), Brustverkleinerungen (13,1 Prozent), Intimkorrekturen (11,8 Prozent), Botulinumbehandlungen/Botox (8,7 Prozent) und Bruststraffungen (8,3 Prozent) als häufigste Behandlungsmaßnahmen auf. In dieser Gruppe der 18- bis 30-Jährigen wachse die Nachfrage nach Botox als vorbeugender Maßnahme. „Diesen Trend müssen wir genau beobachten“, mahnte der DGÄPC-Präsident.
Verändertes Körperbild bei jungen Männern
Als weitere Entwicklung hob Jens die Zunahme an Gynäkomastien bei Männern hervor (5,5 Prozent). Diese männlichen Brustverkleinerungen seien heutzutage glücklicherweise mit weniger Scham verbunden. „Ich glaube, dass sich junge Männer heute durch Instagram, TikTok und Co. ganz anders präsentieren als vor 20 Jahren“, ergänzte Stefan Zimmermann, ebenfalls Präsident der diesjährigen DGÄPC-Jahrestagung. Eine Gynäkomastie stelle das letzte Detail dar, das Betroffene durch Training nicht korrigieren könnten.
Dass es überhaupt zur Ausbildung einer Männerbrust kommt, führte Helge Jens auch auf das wachsende Problem von Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen zurück: „Wenn diese später abnehmen, kann die Männerbrust bleiben.“ Eine Beobachtung, die Zimmermann bestätigte: „80 Prozent der jungen Männer, die einen solchen Eingriff machen lassen, geben an, in der Pubertät übergewichtig oder adipös gewesen zu sein.“
Darüber hinaus ist der Anstieg bei den Intimkorrekturen auffällig: Insgesamt machten diese Eingriffe 5,2 Prozent aller Behandlungen aus – bei der Altersgruppe unter 30 Jahren sogar 11,8 Prozent. Holger Pult vermutete, dass eine neue Offenheit in klassische Medien und sozialen Netzwerken dafür gesorgt habe, diesen Bereich aus der Tabuzone zu holen. Bei Frauen dominierten hier Schamlippenkorrekturen, bei Männern Penisvergrößerungen oder Verdickungen mittels Hyaluronsäure oder Eigenfett.
Auswirkungen von GLP-1-Agonisten
Ein besonderes Augenmerk wurde bei der Vorstellung der Statistik auf die Auswirkungen von GLP-1-Agonisten gelegt. „Man sieht, dass die Abnehmspritzen in der Bevölkerung angekommen sind“, kommentierte Stefan Zimmermann. Würden Patientinnen und Patienten die Mittel konsequent sechs Monate nehmen, sei ein Gewichtsverlust von 15 bis 20 Prozent möglich – mit dem die Haut eventuell nicht mehr mitkomme.
Dies zeige sich nun in den Zahlen der Straffungsoperationen, darunter der Bauchdecke sowie der Oberarme und Oberschenkel. „Vor allem aber der Zuwachs beim Facelift ist erstaunlich, weil es in den Jahren zuvor eher weg davon und hin zu Fillern ging“, so Zimmermann. Der Mediziner nannte die Entwicklung einen „Retrotrend zum Facelift“ und sprach von einer gestiegenen Akzeptanz entsprechender Eingriffe.
Einfluss von Social Media
Die Experten gingen bei der Präsentation der Zahlen auch auf den weiterhin großen Einfluss von Social Media ein. Hier gaben 14 Prozent aller Befragten und sogar 23,8 Prozent der unter 30-Jährigen an, sich durch Beiträge in sozialen Netzwerken bei der Behandlungsentscheidung beeinflussen zu lassen.
DGÄPC-Präsident Jens betonte in diesem Kontext noch einmal die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht für bearbeitete Bilder: „Dabei geht es um die Sicherheit von Patientinnen und Patienten, deren Schutz und um Realitätsbewusstsein.“ Laut Statistik seien 55,3 Prozent aller Befragten für eine solche Kennzeichnungspflicht, bei den 18- bis 30-Jährigen sogar 63,8 Prozent.
Forderung nach gesetzlicher Regelung und Facharztvorbehalt
Abschließend wiederholten die Experten die Forderung nach einer gesetzlichen Regelung für die Durchführung von ästhetischen Behandlungen und Operationen, wie es sie in Frankreich, Österreich und nordischen Ländern bereits gebe. Die DGÄPC werde sich mit allen entsprechenden Fachgesellschaften weiter um einen Facharzt-Vorbehalt bemühen, sagte Jens – auch angesichts der Zahlen zu Fehlbehandlungen.
Hier gebe es einen auffälligen Anstieg der Fälle aus dem Inland, den die Experten unter anderem auf Angebote sogenannter Beautyketten zurückführen, sowie auf die damit einhergehende zunehmende Bagatellisierung von Botox- und Fillerbehandlungen. Die fachärztliche Qualifikation erhöhe hier das Bewusstsein für die ethische Verantwortung, so Jens: „Preisschlachten um Botox gehören nicht in den klinischen Bereich.“
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