Politik

Coronakrise: Keine gemeinsamen Absprachen mehr von Merkel und Länderchefs

  • Dienstag, 26. Mai 2020
/picture alliance, Marius Becker
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Berlin − Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefs der Bundesländer werden offenbar vorerst nicht mehr in großer Runde über die Coronakrise beraten. Solche Gespr­äche würden im Moment wenig bringen, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsi­den­tenkonferenz, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), heute in München.

Nach Angaben von Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wird das weitere Vorgehen nun alleinige Sache der Bundesländer und ihrer Landkreise. Kretschmann sagte, die Länder sollten nun jeweils für sich entscheiden. „Die Verantwor­tung liegt jetzt bei den Ministerpräsidenten und Landkreisen.“

Das bereits einige Zeit andauernde Auseinanderdriften der Bundesländer hatte zuletzt mit der Ankündigung von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), die allge­meinen Beschränkungen aufzuheben, einen neuen Höhepunkt erreicht. Ramelow kündig­te nach einer Sitzung seiner Landesregierung an, nun „aus dem Krisenmodus in den Re­gel­modus übergehen“ zu wollen. Trotz Kritik will er den Ausstieg aus den Verboten weiter betreiben.

Ursprünglich war für die Tage nach Pfingsten eine Runde erwartet worden, in der die Mi­nisterpräsidenten mit Merkel über die aktuell noch bis zum 5. Juni geltenden Kontaktbe­schrän­kungen beraten. Diese Runde gibt es nun nicht. Gestern konnten sich die Chefs der Staatskanzleien zudem nicht auf ein gemeinsames Vorgehen verständigen, weshalb offen ist, was ab dem 5. Juni gilt.

In einer Beschlussvorlage für die Schalte war unter anderem die Rede davon, dass die Kontaktbeschränkungen bis zum 29. Juni verlängert werden sollten, wonach der Aufent­halt im öffentlichen Raum mit bis zu zehn Personen oder von Angehörigen zweier Haus­stände gestattet werden sollte.

Plädoyer für mehr Macht beim Bund

Söder sagte heute, die Beamten berieten weiter – „man bleibt im Dauergespräch“. Bayern wolle die Kontaktbeschränkungen fortsetzen. Söder kritisierte einen „Wettlauf“ der Bun­des­län­der, der das Vertrauen der Bürger beschädigt habe. Obwohl er eigentlich überzeug­ter Fö­deralist sei, plädierte Söder nun für eine Reform des Infektionschutzgesetzes.

Damit solle der Bund mehr Möglichkeiten bekommen, gesetzliche Vorgaben zu machen. Es sei „mehr generelle Guidance vom Bund“ nötig, nicht nur eine moralische, sondern auch eine ge­setzliche.

Söder verständigte sich nach eigenen Worten mit Kretschmann und Merkel darauf, derzeit keine große Runde mehr zu organisieren. „Im Moment ist mein Eindruck, dass das Ge­samt­fundament und die Akzeptanz für gemeinschaftliche Lösungen sehr zurückgeht“, sag­te er über das fehlende Miteinander der Bundesländer. Dabei kritisierte er auch Indiskre­ti­o­nen unter den Bundesländern. Mittlerweile würden schon Informationen aus der Run­de der Chefs der Staatskanzleien aus laufenden Sitzungen an Medien weitergegeben.

Der auch in der eigenen Koalition wegen seines Vorstoß in der Kritik stehende Thüringer Ministerpräsident Ramelow unterstrich seinerseits, angesichts von derzeit nur 238 Coro­na­infizierten in Thüringen sei der staatliche Eingriff in Grundrechte nicht mehr zu recht­fertigen. Statt die Allgemeinverfügungen immer wieder zu verlängern, komme es künftig auf die Umsetzung von Hygienekonzepten in den einzelnen Branchen an.

Der Schutz vor einer Ansteckung sei für jeden Bürger zudem eine höchstpersönliche Auf­gabe – „da hilft mir keine Landesregierung und keine Polizei“, sagte Ramelow. Gleichzei­tig nannte auch er das Virus „immer noch gefährlich“ und bekräftigte, das Tragen eines Mund-Nase-Schutzes sei weiter sinnvoll.

In einer Reihe von Bundesländern gab es derweil neue Lockerungen. Sachsen-Anhalt etwa lässt private Feiern wie Hochzeiten, Trauerfeiern oder Geburtstage mit bis zu 20 Gästen zu. Rheinland-Pfalz öffnet ab morgen Fitnessstudios, Tanzschulen und Freibäder. In Bayern sollen diese Sportstätten ab dem 8. Juni öffnen, Kultureinrichtungen wie Thea­ter und Kinos ab dem 15. Juni - im Theater muss aber ein Mundschutz getragen werden.

afp/dpa

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