Thüringens Gesundheitsministerium übernimmt Krisensteuerung

Erfurt – Auf dem Weg zu mehr Lockerungen von Anti-Corona-Maßnahmen löst Thüringen wie angekündigt seinen zentralen Krisenstab unter Leitung des Innenministeriums auf. Die Koordinierung der Maßnahmen gegen die Coronapandemie soll nun das Gesundheitsministerium übernehmen, wie die Staatskanzlei gestern in Erfurt mitteilte.
„Heute endet formell in Thüringen die Steuerung durch die Epidemie mit einem Krisenstab“, schrieb Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow gestern bei Twitter. Mit den weiteren Schritten hin zu mehr Lockerungen der Beschränkungen und Maßnahmen lässt sich Thüringen aber noch Zeit. Eine entsprechende neue Verordnung will das Kabinett am kommenden Dienstag beschließen, wie ein Regierungssprecher ankündigte.
Die neuen Regeln sollen dann in der darauffolgenden Woche – also Mitte Juni – in Kraft treten. Die bisher geltende Verordnung soll nach Angaben des Gesundheitsministeriums im Laufe der Woche zunächst verlängert werden.
Die bisherigen Pläne sehen unter anderem vor, dass die derzeit geltenden Kontaktbeschränkungen dann Mitte Juni weitgehend fallen. Derzeit dürfen sich in Thüringen nur Menschen zweier Haushalte treffen. Bei Verstößen droht Bußgeld. Geplant ist, dass es künftig kein solches Verbot, sondern lediglich Empfehlungen geben soll.
Ändern könnte sich auch die Betreuung in Kindergärten und an Schulen, die nach Angaben eines Sprechers perspektivisch ausgeweitet werden soll. Dieses Thema soll eines der ersten sein, mit dem sich der neue wissenschaftliche Beirat befassen wird, wie ein Sprecher der Landesregierung gestern ankündigte. Der Beirat nehme am Donnerstag seine Arbeit auf. Bei einer ersten Videokonferenz sei auch Ministerpräsident Ramelow dabei.
Unterdessen sind nach den Ausbrüchen von SARS-CoV-2 in einem Pflegeheim im Landkreis Sonneberg und an einer Regelschule in Worbis (Eichsfeld) in den betroffenen Einrichtungen umfangreiche Tests auf das Virus gelaufen. In dem Heim in dem von der Coronapandemie in Thüringen besonders betroffenen Landkreis wurden gestern bei sämtlichen Bewohnern und Mitarbeitern Abstriche genommen, wie ein Sprecher des Landratsamtes sagte. Insgesamt wurden rund 140 Menschen getestet.
In der vergangenen Woche waren bereits die Bewohner des betroffenen Wohnbereichs und das Pflegepersonal getestet worden, eine weitere Testreihe ist für übermorgen vorgesehen. In dem Heim hatten sich 15 hochbetagte Bewohner und sechs Beschäftigte angesteckt. Zuerst hatte eine Heimbewohnerin Coronasymptome gezeigt. Auf welchem Weg sie sich infiziert hatte, ist laut Landratsamt unklar.
Weil der Kreis ein Schwerpunkt bei Coronainfektionen in Thüringen ist, gilt dort weiterhin ein Besuchsverbot in Pflegeheimen. Gestern lag die Rate der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen laut Landratsamt mit 63,7 deutlich über der kritischen Marke von 50. Im Landesdurchschnitt sind es nach Angaben der Staatskanzlei 5,9.
An der betroffenen Regelschule in Worbis wurden nach Angaben des Landratsamtes mehr als 60 Lehrkräfte, Schüler und Verwaltungsbeschäftigte auf das Virus getestet, darunter 13 Pädagogen. Ergebnisse sollen frühestens heute vorliegen. Von deren Ausgang hängt ab, ob der Unterricht regulär fortgesetzt werden kann oder nicht. An der Schule mit 200 Schülern hatte sich eine Lehrkraft mit dem Coronavirus angesteckt.
Bei weiteren nachgewiesenen Infektionen müsste die Schule laut Landratsamt bis auf weiteres geschlossen werden. Schüler zweier Klassen, die von der Lehrkraft in der vergangenen Woche mehr als eine Stunde unterrichtet worden waren, wurden in häusliche Quarantäne geschickt. Schülern mit Kontakt von weniger als einer Stunde sei das Tragen eines Mundschutzes empfohlen worden, sagte der Sprecher.
In Thüringen haben sich nach Angaben der Staatskanzlei seit Beginn der Coronapandemie 3.020 Menschen mit dem Virus infiziert (Stand: gestern). Seit Pfingstmontag erhöhte sich die Zahl der Infizierten nur geringfügig um fünf, allerdings kann es an langen Wochenenden zum Verzug bei den übermittelten Meldungen kommen.
Die Landesregierung zählte bis gestern in Thüringen 163 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus. 94 Thüringer mussten demnach bislang wegen eines schweren Krankheitsverlaufs auf Intensivstationen von Krankenhäusern behandelt werden. Geschätzt 2.630 gelten als genesen.
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