Coronakrise: Versorgungsarzt kann in Bayern Mitarbeit anordnen

München – In Bayern muss in jedem Landkreis und in jeder kreisfreien Stadt ein Versorgungsarzt eingesetzt werden, der die vertragsärztliche Versorgung im Land koordiniert. Der Versorgungsarzt wird in den Landkreisen vom Landrat und in den kreisfreien Städten vom Oberbürgermeister ernannt.
Das geht aus einer „Bekanntmachung zum Vollzug des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes sowie des Infektionsschutzgesetzes“ der Bayerischen Staatsregierung vom vergangenen Donnerstag hervor, die am Freitag in Kraft getreten ist. Dabei können die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Bayerns oder der jeweilige ärztliche Kreis- beziehungsweise Bezirksverband aufgefordert werden, eine geeignete Person zu benennen.
„Der Versorgungsarzt hat die Aufgabe, eine ausreichende Versorgung im jeweiligen Zuständigkeitsbereich mit ärztlichen Leistungen und entsprechender Schutzausrüstung zu planen und zu koordinieren, soweit dies bei der Bewältigung des Katastrophenfalles erforderlich ist“, heißt es in der Bekanntmachung.
„Als Versorgungsarzt können nur Ärzte mit langjähriger beruflicher, insbesondere vertragsärztlicher Erfahrung eingesetzt werden. Sie sollen über eine abgeschlossene Facharztweiterbildung verfügen.“ Die Einsetzung eines Versorgungsarztes sei wichtig, um widersprüchliche Entscheidungen sowie vermeidbare Zeit- und Reibungsverluste zu minimieren.
Versorgungsarzt soll bei Verteilung von Schutzausrüstung helfen
Der Versorgungsarzt soll insbesondere Schwerpunktpraxen für die Untersuchung und Behandlung von COVID-19-Patienten einrichten und das dafür erforderliche Personal rekrutieren. Er soll alle notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der ärztlichen Grundversorgung im Katastrophenfall planen und vorbereiten.
Zudem soll er die Führungsgruppe Katastrophenschutz bei der Verteilung der infektionsfachlich notwendigen Schutzausrüstung an die in den Arztpraxen Beschäftigten sowie bei der Einrichtung und dem Betrieb von örtlichen Testzentren unterstützen, „einschließlich der etwaigen Verpflichtung medizinischen Personals, soweit dieses zur Katastrophenhilfe verpflichtet ist“.
Katastrophenhilfe muss dem Bayerischen Katastrophenschutzgesetz zufolge geleistet werden, „wenn nicht durch die Hilfeleistung die Erfüllung dringender eigener Aufgaben ernstlich gefährdet wird“.
Bayerische Regierung befürwortet Schwerpunktpraxen
„Zur möglichst durchgehenden Aufrechterhaltung der ambulanten ärztlichen Versorgung kann insbesondere die Konzentration der Untersuchung und Behandlung von SARS-CoV-2-Infizierten auf einzelne Schwerpunktpraxen beziehungsweise örtliche Testzentren sinnvoll sein, weil damit das Ansteckungsrisiko für die Mitarbeiter in den übrigen Arztpraxen reduziert und somit die Leistungsfähigkeit der Gesundheitsversorgung vor Ort insgesamt besser gesichert werden kann“, heißt in der Bekanntmachung. Nicht zuletzt werde die Einrichtung von Schwerpunktpraxen auch einen ressourcenschonenderen Einsatz von Schutzausrüstung und Desinfektionsmitteln ermöglichen.
„Neben der Behandlung bereits an COVID-19 Erkrankter stellt die Testung auf Infektion mit SARS-CoV-2 eine der zentralsten gegenwärtigen Aufgaben unseres Gesundheitswesens dar“, heißt es weiter. „Nur wenn Infektionen rechtzeitig erkannt werden und damit gezielt Eindämmungsmaßnahmen eingeleitet werden können, kann die rasante Ausbreitung des Infektionsgeschehens zumindest zeitlich verlangsamt werden. Die Funktionsfähigkeit der örtlichen Testzentren ist daher von überragender Bedeutung.“
Selbstverwaltung ist zur Kooperation verpflichtet
Der Versorgungsarzt wird der Führungsgruppe Katastrophenschutz beigeordnet, erhält jedoch seinen eigenen Arbeitsstab. Die KV Bayerns beziehungsweise die ärztlichen Kreis- und Bezirksverbände müssen auf Anforderung des Versorgungsarztes geeignetes Personal im Rahmen ihrer Ressourcen zur Verfügung stellen.
„Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns, die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns, die Bayerische Landesärztekammer, die ärztlichen Kreis- und Bezirksverbände, die Bayerische Landeszahnärztekammer sowie die zahnärztlichen Bezirksverbände sind zur eingehenden Kooperation mit den Versorgungsärzten verpflichtet“, heißt es in der Bekanntmachung.
„Die Versorgungsärzte sind für eine erfolgreiche Planung und Koordinierung der ärztlichen Versorgung in den jeweiligen Landkreisen und kreisfreien Städten wesentlich auf die ärztliche Selbstverwaltung und die dort vorhandenen Kenntnisse der örtlichen Versorgungsstrukturen und Leistungserbringer sowie etwaiger Besonderheiten im Versorgungsgeschehen angewiesen.“
Nur wenn die jeweiligen Aufgaben der Körperschaften und der Versorgungsärzte in konstruktiver Kooperation angegangen würden, könne die große Herausforderung der gesundheitlichen Versorgung der Bevölkerung während der Coronapandemie auch weiterhin bewältigt werden.
Versorgungsarzt kann Mitarbeit der Praxen anordnen
„Die Versorgungsärzte sollen ihre Aufgaben – soweit möglich – im Konsens mit den niedergelassenen Ärzten vor Ort und den ärztlichen Standesorganisationen sowie insbesondere im Benehmen mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns beziehungsweise der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Bayerns erfüllen“, heißt es in der Bekanntmachung.
„Da aufgrund der äußerst dynamischen Entwicklung des Infektionsgeschehens aber zum Teil nur sehr begrenzte Zeiträume für Entscheidungsfindung und Umsetzung einzelner
Maßnahmen gegeben sind, müssen die von den Versorgungsärzten geplanten Maßnahmen im Einzelfall auch mittels Anordnung umgesetzt werden können, wenn ein Konsens darüber vor Ort nicht oder nicht rechtzeitig erzielt werden kann.“
Dies könne insbesondere dann der Fall sein, wenn vor Ort keine Einigung über die Festlegung von Schwerpunktpraxen für die Untersuchung und Behandlung von COVID-19-Patienten möglich sei oder sich auf freiwilliger Basis nicht ausreichend Personal zum Betrieb von Schwerpunktpraxen, örtlichen Testzentren oder für die Aufrechterhaltung der ärztlichen Grundversorgung gewinnen lasse.
„In diesen Fällen werden die Planungen und Koordinierungen des Versorgungsarztes durch entsprechende Anordnungen des jeweiligen Landrats beziehungsweise Oberbürgermeisters als Leiter der örtlichen Katastrophenschutzbehörde umgesetzt“, heißt es in der Bekanntmachung. Dies gelte gegebenenfalls auch gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns oder der Bayerischen Landesärztekammer.
KV Bayerns hält Notfallplan für sinnvoll
Die KV Bayerns erklärte anlässlich des Notfallplans der Bayerischen Regierung: „In dem sich weiter zuspitzenden Krisenszenario rund um das Coronavirus sind klare Zuständigkeiten und abgestimmte Prozesse von entscheidender Bedeutung. Insofern ist es aus Sicht des Vorstands der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns sinnvoll, dass die Bayerische Staatsregierung zu diesem Zweck einen eigenen Notfallplan für die ärztliche Versorgung erstellt hat.“
Vonseiten der KV Bayerns werde man sich weiter mit voller Kraft einbringen, um die Maßnahmen für eine Eindämmung der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Bayern zu einem Erfolg zu führen und dabei die notwendige Regelversorgung weiterhin umzusetzen.
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