COVID-19: Forscher erproben mRNA-Impfung mit Magenkapsel

Cambridge/Massachusetts – Eine Coronaimpfung könnte (in nicht allzu naher Zukunft) auch ohne intramuskuläre Injektion möglich werden. US-Bioingenieure stellen in Matter (2022; DOI: 10.1016/j.matt.2021.12.022) eine Kapsel vor, die die mRNA nach der Einnahme selbstständig in die Magenwand injizieren könnte.
Das Team um Giovanni Traverso vom Massachusetts Institute of Technology hat in den vergangenen Jahren schon mehrere Methoden vorgeschlagen, die Patienten die ungeliebten Injektionen oder auch die tägliche Einnahme von Medikamenten ersparen könnten.
Dazu gehört etwa ein Spiraldraht, der im Magen die tägliche Dosis von Tuberkulostatika freisetzt, oder ein 6-armiger Stern, der HIV-Patienten die 1 Mal wöchentliche Einnahme ihrer antiretroviralen Medikamente ermöglichen könnte.
Die jüngste Entwicklung ist eine Kapsel, die sich nach der Einahme an der Magenwand anheftet und Wirkstoffe selbständig in die Magenwand injiziert. Der „Soma“ (für „self-orienting millimeter-scale applicator“) hat die Form eines Ellipsoids. Die Basis besteht aus rostfreiem Stahl.
Der tiefe Schwerpunkt führt dazu, dass „Soma“ nach der Einahme im Magen von selbst mit der Basis auf der Schleimhaut zu liegen kommt. Nach dem Erreichen der „Landeposition“ wird durch Einwirken des Magensafts eine Feder aktiviert, die eine Nadel in die Magenschleimhaut sticht und das Medikament injiziert. Traverso konnte in einer früheren Studie zeigen, dass sich auf diese Weise Insulin applizieren lässt.
Im vergangenen Jahr ist es dem Team gelungen, auch größere Moleküle wie monoklonale Antikörper in „Soma“ zu verpacken und erfolgreich bei Schweinen zu applizieren, so etwa den Rheumawirkstoff Adalimumab.
Das jüngste Projekt ist die Entwicklung eines Impfstoffes gegen COVID-19. Im 1. Schritt mussten die Forscher die hochempfindliche mRNA in die Kapsel verpacken, was offenbar gelungen ist. Die einzelnen Kapseln enthalten 150 µg mRNA und damit mehr als die Impfstoffe von Biontech und Moderna (30µg beziehungsweise 100 µg).
Dann mussten die Forscher zeigen, dass die mRNA nach einer Injektion von den Zellen aufgenommen und zur Produktion des Proteins verwendet wird. Dies wurde zunächst an Mäusen untersucht, denen die mRNA – noch ohne „Soma“ – in die Magenschleimhaut injiziert wurde. Die Zellen der Magenschleimhaut begannen tatsächlich, die Proteine herzustellen. Die mRNA gelangte über die Blutbahn aber auch in andere Organe wie die Leber.
Erste Versuche an Schweinen verliefen vielversprechend. Bei 2 von 3 Tieren konnte nach dem Verfüttern der Kapsel die Produktion von Proteinen nachgewiesen werden. Die Kapseln enthielten noch keinen den Impfstoff gegen COVID-19, sondern lediglich ein sogenanntes Reporterprotein, das sich später im Gewebe leicht nachweisen lässt.
Im Prinzip wäre es jedoch möglich, auch einen Impfstoff auf diese Weise zu applizieren, meint Traverso. Ob sich der Aufwand lohnen würde, um einer intramuskulären Injektion zu entgehen, erscheint fraglich.
Traverso hält es jedoch für möglich, dass eine Impfung über die Magenwand neue Qualitäten erzielen könnte. Der Magen-Darm-Trakt enthält viele Immunzellen, die durch eine Impfung direkt angesprochen werden könnten, schreibt der Forscher.
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