COVID-19: Übertragungsrisiko in Kitas gering, Schulkinder wenige Tage ansteckend

Pittsburgh/Los Angeles – Das Übertragungsrisiko von SARS-CoV-2 durch Kinder in Kitas und Schulen wird möglicherweise überschätzt. In einer US-Studie, deren Ergebnisse in JAMA Network Open (2023; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2023.39355) publiziert wurden, haben die infizierten Kinder in der Kita nur wenige andere Kinder oder Betreuer infiziert. Das Übertragungsrisiko in der Familie war deutlich höher.
Eine Studie in JAMA Pediatrics (2023; DOI: 10.1001/jamapediatrics.2023.4511) schätzt die Dauer der Virusausscheidung bei Schulkindern im Mittel auf nur drei Tage, statt der oft angenommenen zehn Tage.
Obwohl oder vielleicht gerade weil Kinder nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 nur selten erkranken, gelten sie als wichtige Überträgergruppe. In Kitas und Schulen werden die Epizentren der Epidemie vermutet, da die Kinder dort die Viren von anderen Kindern übernehmen und dann zuhause weiterreichen.
Schon eine Studie des Robert-Koch-Instituts hatte Zweifel aufkommen lassen. Die Corona-KiTa-Studie ermittelte in der Kita eine sekundäre Befallsrate (SAK) von 9,6 %. Das heißt, in einer Kitagruppe, in der zehn Personen zusammenkommen, steckte ein infiziertes Kind durchschnittlich etwa ein anderes Kind aus der Gruppe an, berichteten Julika Loss und Mitarbeiter in Epidemiology and Infection (2022; DOI: 10.1017/S0950268822001194). Zuhause lag die SAK dagegen bei 53,3 %. Das Übertragungsrisiko in der Familie war demnach fünfmal so hoch.
Timothy Shope vom Children’s Hospital in Pittsburgh kommt jetzt in einer Studie an elf US-Kitas zu ähnlichen Ergebnissen. Auch hier kam es innerhalb der Kita relativ selten zu Übertragungen. Obwohl die Erkrankungen bei den Kindern zu 34 % asymptomatisch verliefen, ermittelt Shope nur eine SAR von 3,0 %.
In den Haushalten war die SAR mit 50 % für die Kinder und 67 % für die Erwachsenen deutlich höher. Nur ein geringer Anteil der Erkrankungen (17 %) wurde von den Kindern in die Haushalte getragen. Shope spricht sich deshalb dafür aus, die Kinder nach COVID-19 nicht anders zu behandeln als nach einer Infektion mit dem RS-Virus oder einer Grippe.
In den USA dürfen die Kinder bei diesen Atemwegsinfektionen vielerorts wieder in die Kita, wenn sie sich gesund fühlen und seit mindestens 24 Stunden ohne Medikamente fieberfrei sind. Nach COVID-19 galten längere Fristen.
Pädiater der Universität von Kalifornien in Los Angeles haben 76 Schulkinder nach dem ersten positiven PCR-Test auf SARS-CoV-2 über zehn Tage täglich auf eine mögliche Infektiosität hin getestet. Dazu wurde unter dem Mikroskop untersucht, ob die eventuell in den Rachenabstrichen enthaltenen Viren Zellen zerstören (zytopathischer Effekt).
Bereits nach drei Tagen war die Hälfte der Kinder nicht mehr infektiös, wobei es keine Unterschiede zwischen geimpften und ungeimpften Kindern gab. Auch Auffrischungen hatten keinen Einfluss auf die Dauer der Erkrankung.
Am Tag fünf waren noch 18,4 % der Kinder infektiös, am Tag zehn waren es nur 3,9 %. Für Studienleiter Neeraj Sood ist deshalb vertretbar, die Schulkinder nach einer fünftägigen Isolation nach dem ersten negativen Test wieder in die Schule zu lassen. Impf- oder Auffrischungsstatus sollten bei der Entscheidung keine Rolle spielen.
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