Datenflut telemedizinischer Anwendungen darf Ärzte nicht überlasten

Düsseldorf – Deutschland hat bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens erheblichen Nachholbedarf. Das meint der Vorsitzende des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Ferdinand Gerlach. Bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) diskutierte er mit dem Fondsmanager Kai Brüning über neue Schlüsseltechnologien im Gesundheitswesen.
Deutschland hat großen Nachholbedarf
„Wir sind weit entfernt von dem, was andere schon längst realisiert haben“, so Gerlach. Deutschland zeige bisher leider oftmals nur, wie es nicht gehe. Allerdings sei der Nutzen vieler neuen Technologien oft nicht belegt. „Wir wissen in vielen Fällen noch nicht genau, an welcher Stelle die neuen Technologien welchen Nutzen haben können und was das konkret für die Qualität der Versorgung bedeutet. Nur wenn der Nutzen wirklich nachweisbar ist, dann hat so eine Technologie langfristig eine Chance“, so Gerlach.
Angesichts von Kostendruck und demografischer Entwicklung sei eine stärkere Digitalisierung der Leistungserbringung trotzdem gefragter denn je. „Wie in vielen anderen Gesundheitssystemen auch, haben wir in Deutschland ein Nebeneinander von Über-, Unter- und Fehlversorgung“, erklärte Gerlach. Neue Technologien könnten helfen, das zu verbessern. Die Einführung einer elektronischen Patientenakte, mit der alle Sektoren arbeiten können, sei ein erster wichtiger Schritt.
Die Entwicklung zum Beispiel in der Telemedizin seien aber für Ärzte zum Teil problematisch. „Die Ärzte werden mit zunehmender Digitalisierung mit einer Datenflut konfrontiert, die sie ad hoc gar nicht verarbeiten können“, sagte Brüning. Ein Beispiel seien neue Mobile-Health-Anwendungen, mit denen sich Patienten live im Alltag überwachen könnten und bei Bedarf sofort ein Arzt informiert werde. „Vielleicht brauchen Ärzte künftig Unterstützung durch Datenanalysten oder digitale Assistenzsysteme, die sie dabei entlasten“, sagte er.
Auch Gerlach warnt vor einer zusätzlichen Belastung der Ärzte. Entscheidend werde sein, die Prozesse – also zum Beispiel die Überwachung von Patienten über Routinedaten – in den Arbeitsablauf von Ärzten und anderen Berufsgruppen zu integrieren: „Es wird nicht so funktionieren, dass man einfach jede Menge Daten neu erzeugt und dem Arzt auf den PC spült.“ Es brauche gute, durchdachte und praxisnahe Anwendungen, die einen echten Mehrwert schaffen, betonte er.
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