Debatte über Werbeverbote für risikobehaftete Glücksspiele angemahnt

Berlin – Addictive Design und vor allem dabei Free-to-Play-Spiele, die sich als In-App-Käufe als Kostenfalle entpuppen, sind ein zunehmendes Problem bei Onlinespielen. Darauf hat Frank Gauls, Leiter der Bielefelder Fachstelle Glückspielsucht, heute bei der 33. Jahrestagung des Fachverbandes Glücksspielsucht hingewiesen.
„Die Anbieter nutzen bestimmte Mechanismen, um die Nutzer bei Laune zu halten, wie sie auch YouTube oder Onlinekaufhäuser verwenden“, erläuterte Gauls. Ein zunehmendes Problem seien dabei Free-to-Play-Spiele. Ohne Einschränkungen ließen sich Items, wie zum Beispiel Schatzkisten, kaufen, um etwa die Spielstärke zu steigern. „Einzelne Onlinespielerinnen und-spieler berichten, bis zu 80.000 Euro innerhalb von vier Jahren eingesetzt zu haben“, berichtete Gauls.
In Deutschland gibt es nach Angaben von Ilona Füchtenschnieder, Vorsitzende des Fachverbands Glücksspielsucht rund 500.000 Erwachsene, die pathologisch zocken. Betroffen seien überwiegend jüngere Menschen, mehr Männer als Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund.
Betroffen seien oftmals auch Servicekräfte in Spielhallen. Das Glückspiel verlagert sich nach Angaben des Fachverbands zunehmend in Netz, wobei sich kein Boom während der Coronapandemie habe feststellen lassen, als Spielhallen und Gastronomiebetriebe mit Spielautomaten geschlossen waren.
Gesellschaftliche Debatte über Werbebeschränkungen gefordert
Der Fachverband Glückspielsucht forderte bei der Tagung eine gesellschaftliche Debatte über Werbebeschränkungen für besonders risikobehaftete Glücksspiele. „Werbung beispielsweise für Sportwetten zwischen Fußballspielen im Fernsehen triggert die Sucht“, erklärte Füchtenschnieder. Betroffene sollten selbst entscheiden können, ob sie Werbung sehen wollten oder nicht.
In England und Frankreich werden Werbeverbote nach Angaben des Fachverbands bereits breit diskutiert. Die weitgehendste Forderung sei die nach einem vollständigen Verbot von Glücksspielwerbung. Milder seien Forderungen nach gezielten Verboten bestimmter Werbeorte, wie zum Beispiel das Verbot der Trikot- und Bandenwerbung.
Relativ neu sei der Vorschlag einer Werbesteuer, die dazu beitragen soll, das Werbevolumen insgesamt zu dämpfen; wiederum weitgehender die Forderung nach einer Abgabe in Höhe der Werbeausgaben. Die so eingenommenen Gelder könnten in beiden Fällen (Steuer und Abgabe) im Bereich Glücksspielsuchtprävention und -behandlung investiert werden.
„In Deutschland findet diese dringend notwendige Debatte bisher noch nicht statt. Sie ist aber dringend notwendig“, sagte Füchtenschnieder.
Selbsthilfeverband auf Bundesebene
Bisher gab es in Deutschland noch keinen Selbsthilfeverband auf Bundesebene. Das änderte sich mit der Gründung des Vereins am 12. November in Dortmund. „Wir wollten eine Stelle schaffen, an die sich Betroffene aus ganz Deutschland wenden können“, sagte Nicole Dreifeld, selbst Betroffene, aber seit drei Jahren spielfrei – dank der Selbsthilfe, wie sie sagte.
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