Deutlich höhere Mindestlöhne in der Altenpflege empfohlen

Berlin – Die von der Bundesregierung einberufene Pflegekommission hat sich einstimmig für eine weitere Anhebung der Mindestlöhne in der Altenpflege ausgesprochen. Sie sollen in zwei Schritten steigen – und zwar zum 1. Mai 2024 und zum 1. Juli 2025. Das teilte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) sowie das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) heute in Berlin mit.
Für Pflegehilfskräfte empfiehlt die Pflegekommission demnach ab Juli 2025 eine Anhebung auf 16,10 Euro pro Stunde, für qualifizierte Pflegehilfskräfte eine Anhebung auf 17,35 Euro pro Stunde und für Pflegefachkräfte auf 20,50 Euro pro Stunde.
Das wäre ein Anstieg um bis zu 14 Prozent. Zudem empfiehlt die Pflegekommission weiterhin einen Anspruch auf zusätzlichen bezahlten Urlaub über den gesetzlichen Urlaubsanspruch hinaus in Höhe von jeweils neun Tagen pro Kalenderjahr (bei einer Fünf-Tage-Woche).
Derzeit erhalten Pflegefachkräfte einen Mindestlohn von 17,65 Euro pro Stunde. Für Pflegekräfte mit einer mindestens einjährigen Ausbildung und einer entsprechenden Tätigkeit beträgt das Mindestentgelt 14,90 Euro pro Stunde und für Pflegehilfskräfte 13,90 Euro pro Stunde. Diese Entgelte steigen zum 1. Dezember 2023 noch einmal auf 14,15 Euro, 15,25 Euro und 18,25 Euro.
Rund 1,3 Millionen Beschäftigte arbeiten in Einrichtungen, die unter den Pflegemindestlohn fallen. Die Mindestlöhne für Pflegekräfte gelten einheitlich im gesamten Bundesgebiet. Sie sind deutlich höher als der allgemeine Mindestlohn, der am 1. Oktober 2022 auf 12 Euro brutto je Arbeitsstunde erhöht worden war.
„Pflegekräfte arbeiten hart und oft unter schwierigen Bedingungen“, sagte Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD). Menschen zu pflegen, bedeute ein hohes Maß an Verantwortung und Belastung. Deshalb müsse man dafür sorgen, dass die Pflegekräfte gute Arbeitsbedingungen hätten, die nicht krank machten. „Durch den Beschluss der Pflegekommission steigen die Mindestlöhne in der Pflege um bis zu 14 Prozent. Das ist gut für die Pflegerinnen und Pfleger und gut für die Pflegebranche“, sagte Heil.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bezeichnete die Pflegekräfte als „tragende Säule des Gesundheits- und Pflegesystems“. Das müsse sich auch im Lohn widerspiegeln. Jede zugelassene Pflegeeinrichtung sei bereits jetzt zu einer Bezahlung der Pflege- und Betreuungskräfte in Tarifhöhe verpflichtet.
„Die Anhebung des Mindestlohns ist ein wichtiger weiterer Schritt auf dem Weg zu einer fairen Entlohnung für alle Pflege- und Betreuungskräfte“, sagte Lauterbach. Es sei ein Zeichen der Anerkennung dafür, was Pflegende täglich leisteten.
Die Beauftragte des BMAS für die Pflegekommission und ehemalige Hamburger Gesundheitssenatorin, Cornelia Prüfer-Storcks, wies darauf hin, dass die Empfehlung der Pflegekommission für höhere Pflegemindestlöhne einstimmig ausgefallen sei. Der Pflegemindestlohn sei weiterhin wichtig als individuell einklagbarer Rechtsanspruch der Beschäftigten in der Pflege.
Der Pflegekommission nach dem Arbeitnehmerentsendegesetz gehören Vertreter von privaten, frei-gemeinnützigen sowie kirchlichen Pflegeeinrichtungen an. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind paritätisch vertreten. Die fünfte Pflegekommission hat ihre Arbeit unter dem Vorsitz der ehemaligen Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks im Dezember 2021 aufgenommen und amtiert für fünf Jahre.
Vertreter des Deutschen Caritasverbandes begrüßten die Beschlüsse. Norbert Altmann, Sprecher der Caritas-Dienstgeber, sprach von einer Stärkung des Pflegeberufs. Er betonte besonders die lange Laufzeit bis Juli 2026. „Das beschert den Arbeitgebern in der Pflegebranche etwas Luft.“
Für die Mitarbeiterseite der Caritas erklärte Thomas Rühl, ein steigender Mindestlohn schütze vor Lohndumping, „ist aber noch nicht der große Wurf“. Der Pflegeberuf müsse für neue und ehemalige Pflegekräfte deutlich attraktiver werden. „Hier helfen nur starke Flächentarife und eine Zusage der Politik, die Finanzierung der Pflegeversicherung endlich und dauerhaft zu sichern.“
Die Arbeitgeberseite im Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste sprach von einem schmerzhaften Kompromiss. „Mit einer sehr langen Laufzeit von 29 Monaten und künftigen Anpassungsschritten nur noch zum 1. Juli schaffen wir Planungssicherheit für die Unternehmen in der Pflegebranche“, erklärte Kommissionsmitglied Rainer Brüderle. Die Anhebung sei „das Äußerste des Leistbaren für die ohnehin massiv belasteten Betriebe“.
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