Politik

Deutliche Kritik an Entlastungsplänen für pädiatrische Versorgung

  • Donnerstag, 22. Dezember 2022
/picture alliance, Zoonar, Robert Kneschke
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Berlin – Das Vorgehen des Bundesgesundheitsministers Karl Lauterbach bezüglich der zugesagten Entbudgetierung kinderärztlicher Leistungen sorgt für harsche Kritik. So zeigte sich der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) „massiv“ irritiert.

„Dass der Minister seine Ankündigung nun in einem nicht-öffentlichen, verklausulierten Schreiben dann gleich wieder einkassiert oder zumindest relativiert, ist schon ein starkes Stück“, erklärte Stefan Renz, Vizepräsident des BVKJ.

Lauterbach kündigte vergangene Woche im Bundestag an, die Budgets in den Kinderarztpraxen auszusetzen – dies solle ab sofort gelten. „Ich bitte bis zum 20. Januar 2023 um Vorlage einer entsprechenden Beschlussfassung des Bewertungs­ausschusses“, heißt es in einem Brief des Ministers, der dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt.

Demnach sollen die beiden Selberverwaltungsinstitutionen beschließen, dass Pädiater einen „nicht vorhersehbaren Anstieg des morbiditätsbedingten Behandlungsbedarfs“ durch die aktuelle Infektionswelle haben – Mehrleistungen würden dann temporär vollständig honoriert.

„Mit einer kurzfristigen Verbesserung der Vergütung der Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzte ist es nicht getan. Der Minister verkennt, dass das grundlegende Strukturproblem damit keinesfalls gelöst wird“, so Renz. „Im Bundestag hat Karl Lauterbach die sofortige Aussetzung der Budgetierung für Kinderkliniken und Praxen angekündigt, so wie im Koalitionsvertrag beschlossen. Das und nichts anderes werden wir akzeptieren. Das Schreiben, das der Minister am selben Tag verschickt hat, lässt kaum einen anderen Schluss zu, als dass er uns gegenüber wortbrüchig wird.“

„Wir erbringen massenhaft unbezahlte Leistungen. Und jetzt können wir uns nicht einmal mehr auf Aussagen von Karl Lauterbach verlassen, die im Bundestag getätigt werden. Das ist ein herber Vertrauensbruch“, so der Vizepräsident des BVKJ.

„Als wir von dem Schreiben erfahren haben, haben wir umgehend einen Brief an den Gesundheitsminister geschrieben und um ein zeitnahes, direktes Gespräch gebeten. Wenn es zu keiner Einigung kommt, werden Protestaktionen folgen. Feststeht: wir werden keine unbezahlten Leistungen mehr erbringen.“

Ähnliche Kritik übte der Virchowbund. „Den vollmundigen Worten des Bundesgesundheitsministers, dass bei den Kinder- und Jugendärzten die Budgetierung aufgehoben wird, folgt: genau, nichts!“, stellte der Virchowbund-Vorsitzende Dirk Heinrich fest.

Statt schnellstmöglich ein Gesetz auf den Weg zu bringen, schlage Lauterbach vor, dass sich Kassen und KBV im Januar im Gemeinsamen Bewertungsausschuss (G-BA) auf eine befristete Entbudgetierung einigen sollen, die dann „irgendwann im 2. Quartal 2023 greifen“ werde.

„Der Bundesgesundheitsminister muss umgehend erklären, dass die von ihm in Aussicht gestellte Entbudgetierung unmittelbar erfolgt. Hierfür muss er genauso schnell die gesetzlichen Grundlagen schaffen“, betonte Heinrich.

Dem Deutschen Ärzteblatt hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) erklärt, man werde „die Kinderärzte mittelfristig per Gesetz entbudgetieren“. Ein genauer Zeitplan für die Entbudgetierung des vertragsärztlichen Bereiches stehe allerdings noch nicht fest.

aha/dpa

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