Deutlicher Rückgang der Windpocken durch Impfung

Berlin – Die Impfung von Kleinkindern gegen das Varizella-Zoster-Virus stößt in Deutschland auf eine hohe Akzeptanz. In der Folge ist es zu einem deutlichen Rückgang der Windpocken-Erkrankungen gekommen, infolge einer Herdenimmunität auch bei Nichtgeimpften. Die befürchtete Verschiebung der Krankheitslast in höhere Altersgruppen ist laut einem Bericht im Epidemiologischen Bulletin (2020; 3: 3-15) ausgeblieben.
Die Varizellen-Impfung wird seit 2004 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) als Standardimpfung im Kindesalter empfohlen. Die Impfquoten haben sich zuletzt gut entwickelt. Bei der Schuleingangsuntersuchung fand sich bei 87,3 % der Kinder ein Eintrag im Impfpass, 83,7 % hatten beide Impfdosen erhalten.
Es gibt große regionale Unterschiede: In Mecklenburg-Vorpommern sind 91,3 % der Kinder geimpft, in Bremen nur 75,0 % (was gegenüber 55,2 % im Jahr 2012 ein deutlicher Anstieg ist). Auch in Bayern und Sachsen liegen die Impfquoten unter dem Bundesdurchschnitt.
Die Folge der Impfmüdigkeit ist eine erhöhte Anzahl von Windpocken-Erkrankungen, die seit März 2013 meldepflichtig sind. Die niedrigste Inzidenz hatte 2018 Mecklenburg-Vorpommern mit 9,7/100.000, die höchste Sachsen mit 43,3/100.000.
Gegen die Windpocken-Impfung gab es mehrere Bedenken. So wurde befürchtet, dass infolge der verminderten Erregerzirkulation Ungeimpfte erst in einem höheren Alter erkranken, wenn die Windpocken schwerer verlaufen und sogar tödlich enden können. Tatsächlich sind zwischen 2014 und 2018 in Deutschland 9 Erwachsene an Windpocken gestorben. Wenn der Impfschutz mit der Zeit nachlässt, könnte auch geimpfte Kinder als Erwachsene an Windpocken erkranken.
Diese Befürchtungen haben sich bisher nicht erfüllt. Die absolute Zahl der Erkrankungen ist in allen Altersgruppen rückläufig. Dies zeigen laut der Publikation die Meldungen der Sentinel-Studie, die bereits 2005 (also lange vor der Meldepflicht) begonnen wurde. Auch ungeimpfte Personen erkranken seltener, weil sie aufgrund der hohen Durchimpfung der Bevölkerung kaum noch Gefahr laufen, sich zu infizieren. Der Schwellenwert für diesen Gemeinschaftsschutz (Herdenimmunität) liegt laut der Publikation in Deutschland bei 80 %. Die Impfquote liegt in Deutschland darüber.
Die Effektivität der Impfung liegt nach den bisherigen Erfahrungen bei 81,9 % nach der ersten und 94,4 % nach der zweiten Impfung. Von den 111.456 Varizellen-Erkrankungen, die in der Sentinel-Studie zwischen April 2005 und März 2014 gemeldet wurden, traten 4.789 bei Geimpften auf: Von diesen waren 3.881 Personen 1 Mal und 908 Personen 2 Mal geimpft worden.
Eine weitere Befürchtung ist, dass die Impfung zu einem Anstieg der Zoster-Erkrankungen in der Bevölkerung führen könnte. Nach der „Booster-Hypothese“ erneuert der wiederholte Kontakt mit dem Varizella-Zoster-Virus, zu dem es in der Vergangenheit aufgrund der regelmäßigen Windpocken-Epidemien kam, den natürlichen Impfschutz.
Dies würde dann eine Virus-Reaktivierung im Alter verhindern, die Ursache der Gürtelrose ist. Tatsächlich wurde in Ländern mit einer Impfempfehlung gegen Varizellen ein Anstieg der Herpes-zoster-Inzidenzen beobachtet. Dieser Trend begann laut dem Robert Koch-Institut jedoch bereits vor der Einführung der Varizellen-Impfung und wurde durch diese nicht nachweisbar beschleunigt.
Erste Erfahrungen aus den USA, wo die Impfung bereits 1995 eingeführt wurde, lassen erwarten, dass Menschen, die als Kinder gegen Varizellen geimpft wurden, im Alter vor einer Gürtelrose geschützt sind. Ältere Menschen können sich zudem vor einem Zoster durch einen effektiven Impfstoff schützen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt ihn seit Dezember 2018 für alle Personen ab 60 Jahren sowie für Personen mit definierter Indikation ab 50 Jahren.
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