Deutschland gibt weniger Geld für die Pflege als seine Nachbarn aus

Berlin – Deutschland gibt gemessen an der Wirtschaftsleistung erheblich weniger Geld für die Altenpflege aus als die skandinavischen Länder oder die Benelux-Staaten. Das ergibt sich aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Links-Fraktion, über die das RedaktionsNetzwerk Deutschland berichtet.
Nach den Vergleichszahlen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wurden 2017 in Deutschland 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Langzeitpflege ausgegeben.
In Norwegen und Schweden waren es dagegen 2,7 Prozent, in den Niederlanden 2,5 Prozent, in Dänemark 2,3 Prozent und in Belgien 2,1 Prozent. Auch in Island, der Schweiz und in Finnland wird im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung mehr Geld für die Pflege aufgewendet als in Deutschland.
Um zur Spitzengruppe aufzuschließen, müssten die öffentlichen Pflegeausgaben in Deutschland um rund 30 Milliarden Euro pro Jahr steigen. Derzeit gibt die gesetzliche Pflegeversicherung etwa 42 Milliarden Euro im Jahr aus.
Die pflegepolitische Sprecherin der Linken, Pia Zimmermann, forderte die Union auf, ihren Widerstand gegen die Einführung einer Vollversicherung in der Pflege, die auch die Privatversicherten und die Beamten einschließt, aufzugeben.
„Mit diesem Konzept kann ohne Probleme endlich erreicht werden, was in Skandinavien und anderen Ländern seit Jahren gelebte Praxis ist – bedarfsdeckende Pflege der Menschen mit Pflegebedarf, spürbare Entlastung der pflegenden Angehörige und gute Arbeitsbedingungen für die beruflich Pflegenden“, sagte Zimmermann. „Das sollte uns 30 Milliarden Euro Mehrausgaben wert sein“, betonte sie.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuletzt angekündigt, bis zur Jahresmitte Vorschläge für eine Finanzreform für die Pflegeversicherung vorzulegen. Es gehe darum, einen fairen Ausgleich zwischen dem, was die Pflegeversicherung übernehmen könne und was in der Verantwortung der Familien und Pflegebedürftigen und deren Eigenanteilen liege, zu finden, erklärte er kürzlich.
Das Vorhaben hat bereits die Länderministerin Position gebracht. Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) warnte die Bundesregierung vor einem Alleingang bei der Reform der Pflegeversicherung. „Notwendig ist ein tragfähiges Gesamtkonzept. Deshalb darf es keinen Alleingang der Bundesregierung geben“, betonte sie.
Vielmehr müssten die Bundesländer frühzeitig eingebunden werden – und zwar im Rahmen einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe. „Das neue Konzept muss sowohl die Kostenfolgen der pflegerischen Versorgung berücksichtigen als auch ihre Finanzierung durch die Beitragszahler, die Steuerzahler und die Pflegebedürftigen selbst“, sagte Huml.
Die Eigenanteile in der Pflege sollten berechenbarer und insbesondere bei langen Pflegeverläufen begrenzt werden. Huml betonte, es müsse zügig über einen steuerfinanzierten Bundeszuschuss diskutiert werden.
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