Vermischtes

Diagnostik­industrie trotz Umsatzeinbruchs optimistisch

  • Donnerstag, 28. März 2024
/picture alliance, EUROPA PRESS, Eduardo Parra
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Berlin – Die Diagnostikindustrie hatte im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang von 36 Prozent zu verkraf­ten. Neben dem Einbruch im Segment der SARS-CoV-2-Diagnostik sind dabei auch die Umsätze der Routine­diagnostik um fünf Prozent gesunken. Die Branche schaut dennoch verhalten optimistisch auf das laufende Jahr.

Hatte die Branche im Jahr 2021 noch 4,1 Milliarden Euro mit der Coronadiagnostik umgesetzt, sank der Anteil 2022 auf 1,29 Milliarden und schließlich im vergangenen Jahr auf 110 Millionen Euro. Die Routinediagnostik stieg im selben Zeitraum von 2,21 auf 2,35 Milliarden und lag zuletzt bei 2,22 Milliarden Euro.

„Die Diagnostikabranche hat im Jahr 2023 einen entscheidenden Wendepunkt erlebt“, erklärte dazu Ulrich Schmid, Vorsitzender des Verbands der Diagnostika-Industrie (VDGH). „Trotz eines erwarteten Rückgangs im Marktwachstum sehen wir nun die Gelegenheit, die Weichen für die Zukunft neu zu stellen und dabei die nachhaltige Entwicklung und Sicherstellung der Fachkräfteversorgung in den Vordergrund zu rücken.“

So schätzen einer aktuellen Umfrage des Verbands zufolge 46,4 Prozent der Mitgliedsunternehmen ihre wirt­schaftliche Situation trotz der Einbrüche als gut oder sehr gut ein, 35 Prozent halten sie für zufriedenstellend und 19,1 Prozent für schlecht oder sehr schlecht.

Die Umsatzerwartungen für das laufende Jahr sehen sie überwiegend optimistisch: 58 Prozent gehen von einem Wachstum aus, 26,5 Prozent erwarten keine Veränderung und 15,5 Prozent erwarten einen Rückgang.

Drei Viertel der Mitgliedsunternehmen planten, 2024 neue Produkte auf den Markt zu bringen, erklärte Schmid bei der Vorstellung der Zahlen in Berlin: „Wir sind eine Branche, die es gewohnt ist, mit schweren Fahrwassern umzugehen. Es gibt gute Aussichten auf 2024, aber nach dem Prinzip Hoffnung.“

Dabei würde den Unternehmen aber vor allem der Fachkräftemangel zu schaffen machen. 93,6 Prozent der Mit­gliedsunternehmen hätten das angegeben. „Wir leiden sehr unter dem Fachkräftemangel“, betonte Schmid. Produkte würden immer anspruchsvoller, Vertriebsstrukturen immer komplexer, die Anforderungen würden entsprechend steigen. Der Arbeitsmarkt der Branche sei hingegen „so gut wie leergefegt“.

Hinzu komme, dass Deutschland in den vergangenen Jahren als Standort massiv an Attraktivität verloren habe. Viele Unternehmen würden erwägen, neue Produkte eher auf anderen Märkten wie den USA einzuführen, wo weniger Bürokratie und niedrigere regulatorische Anforderungen herrschten. „Die Unternehmen sind dem Standort treu. Deutschland bleibt wichtigster Markt in Europa, aber seine Attraktivität nimmt massiv ab“, sagte Schmid.

Dennoch wollen 26,7 Prozent der Firmen ihre Investitionen und 31,1 Prozent ihre Forschungsausgaben steigern. Nur 11,5 beziehungsweise 11,4 Prozent gaben an, weniger Geld in die Hand nehmen zu wollen.

Als große Chance begreife die Branche dabei den Digitalisierungsschub im deutschen Gesundheitswesen. Dadurch könne die Effizienz der medizinischen Versorgung gesteigert und gleichzeitig die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Diagnostikaindustrie gestärkt werden.

„Wir können von Gesundheitsdaten profitieren in der Weiterentwicklung von Produkten, aber auch bei der Erkennung unbedienten medizinischen Bedarfs“, betonte VDGH-Geschäftsführer Martin Walger. Die im Februar verabschiedeten Digitalgesetze seien ein Paradigmenwechsel und würden neue Möglichkeiten, beispielsweise in der Telemedizin eröffnen. Die Branche werde aufmerksam prüfen, welche Anknüpfungspunkte sich dadurch für sie ergeben.

Zudem geht eine Mehrheit von 85 Prozent der befragten Unternehmen davon aus, in den kommenden fünf Jah­ren Produkte auf den Markt zu bringen, die mit Künstlicher Intelligenz (KI) arbeiten. Dafür sei aber besonders ein klarer Rechtsrahmen erforderlich.

Insbesondere die Regulatorik auf EU-Eben stelle darüber hinaus eine Herausforderung dar. Umsetzung der neuen regulatorischen Rahmenbedingungen. Diese sind europaweit in der In-vitro-Diagnostika-Verordnung (IVDR) festgelegt.

Der VDGH begrüße den aktuellen Vorschlag der EU-Kommission zur Verlängerung der Übergangsfristen um zweieinhalb Jahre. Das helfe, drohenden Versorgungsengpässen in der Labordiagnostik entgegenzugetreten. Langfristig seien jedoch grundsätzliche Anpassungen des Rechtsrahmens erforderlich.

lau

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