Medizin

Die Rolle des Mikrobioms beim chronischen Erschöpfungssyndrom

  • Dienstag, 19. Juli 2016
Uploaded: 12.06.2012 18:22:08 by mis
/dpa

New York – Patienten, die an einem chronischen Erschöpfungssyndrom leiden, zeigen ein verändertes Mikrobiom in ihrem Darm. Maureen Hanson und Kollegen an der Cornell University schreiben in Microbiome, dass hier ein Schlüssel zum Verständnis und zur Therapie dieser komplexen Störung liegen könnte (2016; doi: 10.1186/s40168-016-0171-4).

Die Ursache von chronischen Erschöpfungssyndromen ist bisher kaum verstanden. Sie lösen sowohl psychische als auch somatische Symptome aus. Momentan definiert die Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften das Syndrom als Somatisierungsstörung. Patienten sind nicht in der Lage, sich zu konzentrieren, sind rasch ermüdbar und leiden unter Schlafstörungen. Ihnen ist es nicht möglich, die Erschöpfung durch Erholung zu kompensieren. Zu diesen Symptomen kommen oft Schmerzsyndrome, Immunschwächen und vegetative Dysfunktionen hinzu.

Bisher besteht jedoch laut der Arbeitsgruppe keine Einigkeit darüber, ob die Erkrankung eher durch psychische oder durch biologische Faktoren getriggert wird.

Die Wissenschaftler verglichen Blut- und Stuhlproben von Patienten mit einem Erschöpfungssyndrom und gesunden Kontrollen. Sie untersuchten unter anderem die Biodiversität der Darmflora über PCR-Verfahren. Dabei zeigte sich, dass die Patienten eine geringere Bakterienvielfalt im Darm zeigten. Zusätzlich wiesen sie mehr proinflammatorische Bakterien in ihren Proben auf und eine Reduktion der antiinflammatorischen Bakterien.

Im Rahmen der Blutuntersuchung zeigte sich, dass die Patienten eine Erhöhung des
Plasma Intestinal Fatty Acid Binding Protein (I-FABP) im Serum aufwiesen. Dies spricht laut der Wissenschaftler für eine undichte Darmbarriere, die möglicherweise einen systemischen Übertritt von Bakterien ermöglicht. Mit Hilfe ihrer Daten konnte die Arbeitsgruppe bei 82,93 Prozent aller Patienten die Diagnose allein anhand der Biomarker und der Bakterienvielfalt stellen.

Falls eine gestörte Darmflora tatsächlich ein Mitauslöser von chronischen Erschöpfungs­syndromen ist, könnten sich daraus neue Therapiemöglichkeiten ergeben. Vielleicht könnten Patienten dann von speziellen Diäten profitieren. Hierzu müssten die Forscher jedoch erst klären, ob das veränderte Mikrobiom Auslöser oder Folge der Erkrankung ist.

hil

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