Die Welt gegen COVID-19 impfen

Berlin – 55,3 Prozent der Weltbevölkerung haben mindest eine Impfdosis gegen SARS-CoV-2 erhalten, 8,28 Milliarden Dosen wurden weltweit insgesamt verimpft und jeden Tag kommen 32,71 Millionen Dosen hinzu. Das berichtet die Initiative „Our World in Data“ (Daten mit Stand 8. Dezember 2021).
„Dies sind die guten Nachrichten. Aber wir müssen mehr tun“, kommentierten internationale Fachleute diese Zahlen bei einem moderierten Gespräch des COVID-19 Vaccine Media Hub, einem internationalen Informationsprojekt der Science Media Centres und ihrer Partner.
Annelies Wilder-Smith, Professorin für neu auftretende Infektionskrankheiten an der London School of Hygiene and Tropical Medicine und Beraterin der Initiative für Impfstoffforschung bei der Weltgesundheitsorganisation in Genf, wies daraufhin, dass im Augenblick nur rund 6,3 Prozent der Menschen in Ländern mit niedrigem Einkommen zumindest eine Impfdosis erhalten haben.
Auch das Gesundheitspersonal und vulnerable Gruppen seien in diesen Ländern weiterhin oft ungeimpft. Das Problem sei nicht allein die Impfstoffproduktion, erläuterte Wilder-Smith. Vielmehr hätten etliche Länder große Probleme bei der Verteilung und Verabreichung der Vakzine. Oftmals seien gerade ältere Menschen in ländlichen Regionen der entsprechenden Länder schlecht zu erreichen. Zudem fehle es an Gesundheitspersonal und technischer Infrastruktur.
Erschwerend komme hinzu, dass die Lieferungen der „COVID-19 Vaccines Global Access“ (Covax) häufig spontan umdisponiert würden und für die Länder daher schwer planbar seien. Nicht zuletzt gebe es auch in den Low-Income-Countries mitunter große Vorbehalte gegen die Impfung, die etwa durch fehlerhafte Informationen in den sozialen Medien entstünden und verbreitet würden. Nötig sind aus ihrer Sicht daher unter anderem mehr Aufklärung und mehr Verlässlichkeit bei den Lieferungen durch Covax an die Länder.
Jakob Cramer, Arzt für Innere Medizin, Tropenmedizin und Infektionskrankheiten und Leiter der klinischen Entwicklung der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI), vertrat in der Diskussion die Auffassung, dass Patentfreigaben nicht der richtige Weg seien, um die Impfraten in diesen Ländern rasch zu steigern. Grund dafür sei, dass es sehr komplex sei, auch mit freigegebenen Patenten eine qualitativ hochwertige Impfstoffproduktion aufzubauen. Erfolgversprechender seien sogenannte Technology-Transfers in verschiedene Länder, um hier gemeinsame Produktionskapazitäten zu schaffen.
Herausforderung Omikron
Teresa Lambe, außerordentliche Professorin und leitende wissenschaftliche Forscherin am Jenner-Institut, Universität von Oxford, betonte auf die Frage nach der neuen Coronavariante, es sei bislang weiterhin unklar, ob zur Bekämpfung von Omikron ein neu- oder weiterentwickeltes Vakzin nötig werde.
Das bestätigte Florian Krammer, Professor of Vaccinology at the Department of Microbiology, Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York. Er betonte aber, die Impfstoffhersteller sollten keinesfalls eine abwartende Haltung einnehmen, sondern vielmehr mit Hochdruck an einem Vakzin für die Omikron-Variante arbeiten. Wichtig sei, vorbereitet zu sein, damit es möglichst nicht zu Verzögerungen bei Impfkampagne komme, sollte ein neues Vakzin nötig werden.
Krammer wies daraufhin, dass Hinweise auf milde Verläufe einer Infektion mit der Omikron-Variante bislang auf Daten aus Südafrika beruhten. Sie bezögen sich auf überwiegend jüngere Menschen. Diese Daten seien unter Umständen nicht auf die Populationen in Europa, Nordamerika und andere Teile der Welt übertragbar, warnte er. Der Impfexperte betonte, dass klinisch im Augenblick die Delta-Welle das größte Problem sei. Die Erst- und Zweitimpfung gegen diese Variante und die Auffrischimpfung hätten daher Priorität.
Alle vier Expertinnen und Experten betonen, dass die Pandemie noch lange nicht vorbei ist. „Dies wird uns noch Jahre begleiten“, sagte Wilder-Smith. Aber es sei auch schon viel erreicht: „Wir können mit verschiedenen Impfplattformen rasch auf Varianten reagieren, haben die Produktionskapazitäten für Impfstoffe hochgefahren und Frühwarnsysteme implementiert, nicht nur für Corona“, sagte Cramer. Deswegen gebe es auch Anlass für Optimismus.
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