Ärzteschaft

Diskussion um Zusatzweiterbildung Homöopathie in Baden-Württemberg geht in die nächste Runde

  • Mittwoch, 3. April 2024
/picture alliance, Claus Schunk
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Berlin/Stuttgart – In der Landesärztekammer Baden-Württemberg (ÄBW) wird weiter intensiv über die ge­plante Streichung der Zusatzweiterbildung Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung diskutiert.

Bei einer Öffentlichen Anhörung vor Ostern tauschten dabei zwei Delegierte der Kammer ihre Argumente aus. Mit dieser Online-Debatte sollten vor allem die Bürgerinnen und Bürger informiert werden, mit welchen Argumenten die Diskussion in der Kammer geführt wird.

Beim geplanten Beschluss der Kammer gehe es ausdrücklich nicht darum, ob die Homöopathie verboten, als Kassenleistung gestrichen oder nicht mehr von Ärztinnen und Ärzten angeboten werden darf, betonte Ulrich Langenberg, Geschäftsführer „Politik“ bei der Bundesärztekammer (BÄK), der die Debatte moderierte.

ÄBW-Präsident Wolfgang Miller betonte, die Kammer betrete mit diesem intensiven und öffentlichen Beteili­gungsverfahren Neuland und wolle die Entscheidung „wie immer sie auch ausgeht, auf eine ganz breite Basis stellen.“ Insgesamt zeige die Debatte, dass „die Menschen die Frage nach der Wirksamkeit der Homöopathie umtreibt“, so Miller.

Die Zusatzweiterbildung Homöopathie war 2018 auf dem Deutschen Ärztetag zunächst in die Muster-Weiter­bildungsordnung aufgenommen, 2022 allerdings wieder gestrichen worden. Inzwischen haben 14 von 17 Landesärztekammern den Beschluss umgesetzt, in Sachsen, Rheinland-Pfalz sowie Baden-Württemberg haben die jeweiligen Delegierten- und Vertreterversammlungen noch keinen Beschluss dazu gefasst.

In Baden-Württemberg wurde im November 2021 beschlossen, dass Weiterbildungen auf Evidenz basieren müssen – ein weiterer Grund, warum die Debatte im Land intensiv in Gang kam. Denn die Gegner der Zusatz­weiterbildung Homöopathie sehen keine Evidenz in den vorgelegten Studien. Befürworter hingegen interpre­tieren die jeweiligen Studiendaten so, dass es sehr wohl Evidenz „auf Augenhöhe“ mit anderen medizinischen Fächern gebe.

Bei der Online-Veranstaltung der Landesärztekammer betonte für die Seite der Befürworter der Homöopathie Michaela Geiger, niedergelassene Hausärztin aus Neckarsulm, dass Patientinnen und Patienten eine Therapie mit homöopathischen Arzneimitteln einforderten und daran sehr interessiert seien. Dies habe auch die inten­sive Beteiligung von interessierten Bürgerinnen und Bürger mit mehr als 1.680 Zuschriften gezeigt. Rund 1.000 Zuschriften hätten sich dabei positiv über die Homöopathie geäußert, berichtete Geiger.

Dieses Argument ließ Mathias Körner, tätig als Internist an einem Karlsruher Krankenhaus, nicht gelten: Im Vergleich zur Bevölkerung des Landes sei dies ein sehr geringer Anteil. „Die Relevanz des Themas kann man aus den Zahlen nicht ableiten," sagte Körner, der in der Debatte für die Streichung der Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung stritt.

Zudem beteiligten sich an solchen Verfahren oft nur diejenigen, die sich intensiv interessierten, die schwei­gen­de Mehrheit allerdings nicht, betonte er. Auch hätten in den Jahren 2017 bis 2022 nur 18 Ärztinnen und Ärzte die Zusatzweiterbildung absolviert, 2022 seien es drei Ärzte gewesen. „Bei 55.000 Ärztinnen und Ärzten in Baden-Württemberg kann ich keine Versorgungslücke oder eine Abwanderung der Versorgung in andere Bereiche erkennen", so Körner.

Dass die Zusatzweiterbildung Homöopathie in ärztlicher Hand bleibt, dafür warb Geiger: „Wir müssen und den Pluralismus in der Therapie erhalten und orientiert an den Bedürfnissen und Anforderungen der Patienten handeln.“

Um Homöopathie weiter „maßvoll und begleitend zu anderen Therapien" einsetzen zu können, müsse die Vergabe des Zertifikats durch die Landesärztekammer erhalten bleiben. Dies sei auch Aufgabe der Patienten­sicherheit, diese Weiterbildung in ärztlicher Hand und in der ärztlichen Berufsgruppe zu behalten.

Körner betonte, dass die Landesärztekammer bereits 2021 einen Beschluss gefasst habe, dass die Inhalte von Weiterbildungen sowie Zusatzweiterbildungen auf ausreichender Evidenz basieren müssten. Und diese Evidenz lieferten die homöopathischen Studien nicht, so Körner.

„Die Homöopathie hat den Auftrag, die Evidenz zu erbringen. Wir als Landesärztekammer haben den Auftrag, Evidenz zu prüfen.“ Ohne ausreichende Evidenz dürfe die Kammer die Zusatzweiterbildung als Zertifikat, und damit auch als Siegel der Glaubwürdigkeit in der Bevölkerung, nicht weiter vergeben.

Die rund eineinhalbstündige Online-Debatte war der letzte Teil der rund zweijährigen Diskussion in der Kam­mer. Dazu gehörte ein Beteiligungsverfahren, bei dem Bürger sowie Ärzte und Verbände oder Organisationen ihre Bedenken für oder gegen den geplanten Beschluss schriftlich äußern konnten.

Der zweite Teil war eine Verhältnismäßigkeitsprüfung, in der von Seiten der Kammer eingeschätzt wurde, welche Konsequenzen die Streichung für die ärztliche Berufsausübung hätte.

Laut Landesärztekammer kam die Prüfung zum Ergebnis, dass die Versorgung von Patienten „mit Methoden und/oder Mitteln der Homöopathie durch die Streichung der Zusatzweiterbildung aus der Weiterbildungsord­nung weder eingeschränkt noch verboten“ sei.

Die Delegiertenversammlung der Kammer wird voraussichtlich Ende Juli über die Streichung oder Beibehal­tung entscheiden.

bee

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