Vermischtes

Drei Millionen weniger Ausfalltage durch Grippeimpfungen in der Apotheke

  • Dienstag, 23. April 2019
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Wiesbaden – Grippeimpfungen in der Apotheke würden die Impfrate in Deutschland um zwölf Prozentpunkte steigern und zu enormen Kosteneinsparungen beitragen. Darauf hat Uwe May, Gesundheitsökonom und Studiendekan an der Hochschule Fresenius hingewie­sen. Ihm zufolge wäre das gleichbedeutend mit einer Reduzierung von mehr als 900.000 Grippeerkrankungen und rund 4.700 Krankenhausfällen im Jahr. Auch 41 Todesfälle könn­ten so verhindert werden.

„Wenn wir den Apothekern das Recht zur Grippeimpfung geben, würden viele Menschen das Angebot wahrnehmen. Aktuell sind lange Wartezeiten beim Arzt noch eine große Hürde“, sagte May. Er betonte in diesem Zusammenhang auch die volkswirtschaftliche Bedeutung des von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) geplanten Vorhabens.

„Wir haben ausgerechnet, dass bei einer Steigerung der Impfrate um zwölf Prozentpunkte bundesweit drei Millionen Arbeitsunfähigkeitstage wegfallen – das entspricht einer Kos­teneinsparung von rund einer Milliarde Euro“, sagte May. Natürlich hätten die Kosten­trä­ger auch einen Mehraufwand – diesen beziffert der Ökonom auf knapp 340 Millionen Euro.

Bei seiner Prognose hat sich May auf Statistiken aus Ländern bezogen, in denen die Grippeimpfung teilweise bereits in Apotheken praktiziert wird. So ist dies etwa in Irland seit 2011 möglich. Seitdem sind die Impfungen von 9.000 auf 78.000 im Jahr 2017 gestiegen. In Kanada stieg die Impfrate allein im ersten Jahr nach Einführung bei den über 65-Jährigen um knapp zehn Prozent sowie bei allen Patienten um 8,5 Prozent.

Die Kritik der Ärzteschaft an der geplanten Ausweitung des Impfrechts auf Apotheker sei May zufolge nur bedingt nachvollziehbar. Den Fall, dass in der Apotheke Komplikationen wie beispielsweise allergische Reaktionen auftreten, hält er für äußerst unwahrschein­lich.

Es sei aber selbstverständlich trotzdem notwendig, die Apotheker entsprechend zu schulen. Auch hier sei der Blick ins Ausland hilfreich: „Es existieren beispielsweise in der Schweiz und in Großbritannien entsprechende Konzepte. Außerdem würde das Gesetz vorsehen, dass es zunächst so genannte Modellprojekte gibt und so eine regional und zeitlich begrenzte Erprobung des neuen Systems stattfindet“, sagte May.

Die Bundes­ärzte­kammer (BÄK) und der Deutsche Hausärzteverband (DHÄV), aber die Apotheker selbst hatten sich von den Reformplänen aus dem Bundes­mi­nisterium für Gesundheit (BMG) wenig begeistert gezeigt.

BÄK-Präsident Frank Ulrich Montgomery, hatte es als „kontrapro­duk­tiv“ bezeichnet, das hohe Qualitätsniveau von Impfleistungen in Deutsch­land zu sen­ken und das Impfrecht neben Ärzten auch auf andere Professionen aus dem Gesundheits­wesen zu übertragen.

„Aus gutem Grund ist impfen nach den geltenden Gesetzen eine urärztliche Aufgabe“, mahnte Montgomery. Es gehe nicht um den Stich allein. Vielmehr gehörten zu den ärzt­lichen Impfleistungen unter anderem die Impfanamnese, der Ausschluss akuter Erkran­kun­gen und die Aufklärung zur Impfung. „Mögliche Komplikationen müssen beherrscht werden. Dies setzt eine entsprechende ärztliche Aus-, Weiter- und Fortbildung voraus. In Tagesseminaren lassen sich diese Kenntnisse nicht vermitteln“, so der BÄK-Präsident.

hil/sb

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