Politik

Drogenbeauftragter: FDP kippt Lauterbachs Pläne für Rauchverbot im Auto

  • Montag, 9. Oktober 2023
/New Africa, stock.adobe.com
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Berlin – Die Ampelkoalition verzichtet auf Druck der FDP ofenbar auf das von Bundesgesundheitsminister Karl Lauter­bach (SPD) geplante Rauchverbot bei Autofahrten mit Minderjährigen und Schwangeren.

Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), sagte, leider habe es der „wichtige Vor­stoß“ Lauterbachs nur für einige Wochen in den Referentenentwurf zum Gesetz zur Cannabislegalisierung geschafft.

Lauterbach hatte seine Pläne Anfang Juli vorgestellt. Das Rauchverbot sollte im Nichtraucherschutzgesetz verankert werden und im Rahmen der geplanten Cannabislegalisierung umgesetzt werden. Aus den Reihen von FDP und Union wurde der Vorschlag jedoch heftig kritisiert.

So argumentierte der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Andrew Ullmann, ein solches Verbot habe keinen gesundheitlichen Effekt. „Wenn in den 30 Minuten im Auto nicht geraucht wird, aber dafür den ganzen Tag in der Wohnung, ist weder Kindern noch Schwangeren geholfen.“ CDU-Gesund­heitsexperte Tino Sorge wandte ein, das Verbot wäre „in der Praxis kaum umsetzbar“.

Blienert sagte nun den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) von gestern, er könne die Bedenken der FDP, ein Rauchverbot im Auto sei eine übermäßige Beschneidung der Freiheitsrechte, „wirklich nicht nachvollziehen“.

Es gehe schließlich um die Rechte der Kinder. „Sollen die mit ihren Eltern selbst ausdiskutieren, ob sie auf dem Weg in den Urlaub in einer Schadstoffwolke sitzen oder nicht?“ Die Konzentration der Schadstoffe beim Rauchen im Auto sei so hoch wie in einer Raucherkneipe, warnte der SPD-Politiker.

Unterstützung bekam er von Nezahat Baradari, Berichterstatterin der SPD-Bundestagsfraktion für Kinder- und Jugendgesundheit sowie Prävention. Man könne das Verbot nicht wegen angeblich fehlender Durchsetzbar­keit und anderen Scheindiskussionen aufgeben, so Baradari.

„Eine solche Entscheidung hat nichts mit der Einschränkung von Freiheitsrechten zu tun. Oftmals hat ein Kind nicht die Möglichkeit, eine Fahrt in einem Raucherauto abzulehnen. Der Gesetzgeber muss hier schützend eingreifen – alles andere ist nicht diskutabel“, sagte sie.

Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerkes, Holger Hofmann, kritisierte den Stopp des ge­planten Verbots gestern als „total verkehrt“. Es habe sich deutlich gezeigt, dass Appelle allein nicht ausreich­ten. Vielmehr müsse der Schutz gerade von Kindern und Jugendlichen in diesem Bereich endlich gesetzlich abgesichert werden.

In vielen europäischen Ländern, beispielsweise in Frankreich, Finnland, Großbritannien, Italien und Österreich, sei der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Tabakrauch in Fahrzeugen bereits gesetzlich geregelt.

Studien in Kanada, wo es in weiten Teilen des Landes bereits seit längerer Zeit ein entsprechendes gesetzli­ches Rauchverbot gebe, hätten gezeigt, dass das Rauchen in Autos in Anwesenheit von Kindern dadurch deut­lich abgenommen habe. „Diesen Beispielen sollten wir umgehend folgen“, so Hofmann.

Laut Kinderhilfswerk verursacht das Rauchen einer einzigen Zigarette innerhalb weniger Minuten eine Kon­zentration von Tabakrauch, die um ein Vielfaches höher ist als in einer stark verrauchten Gaststätte. Rund eine Million Kinder und Jugendliche in Deutschland seien Schätzungen zufolge Tabakrauch im Auto ausgesetzt.

Blienert sagte dem RND, in Deutschland gebe es fast 130.000 Rauchertote im Jahr. Das seien mit Blick auf die Einwohnerzahl viel mehr als in vielen anderen EU-Staaten. „Wir müssen dringend etwas tun.“ Der Drogenbe­auftragte forderte, die ursprünglichen Pläne des SPD-Gesundheitsministers doch noch umzusetzen.

afp

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