Elektronische Patientenakte: Gesundheitsministerium war schon viel früher über Probleme informiert
Berlin – Erst seit Mai dieses Jahres ist öffentlich bekannt, dass die elektronische Patientenakte (ePA) in der ersten Version kein differenziertes Berechtigungsmanagement enthalten wird. Nun zeigt sich, dass das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) schon vor mehr als einem Jahr darüber informiert war.
Wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage der Grünen hervorgeht, die dem Deutschen Ärzteblatt vorliegt, fasste der Lenkungsausschuss der gematik – Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte bereits am 17. November 2017 in der 75. Sitzung einen Beschluss über „feingranulare und grobgranulare Zugriffsrechte“.
Zum Top 3 „Konzeptionelle Eckpunkte ePA/ePF“ wurde das Ministerium demnach bereits am 19. Dezember 2017 per E-Mail informiert. Darin sei das BMG allerdings lediglich darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass der Lenkungsausschuss „konzeptionelle Eckpunkte als Basis für die weiteren Projektaktivitäten für das Projekt elektronische Patientenakte / elektronisches Patientenfach“ beschlossen habe. Die Anlage einschließlich Eckpunkte seien von der gematik aber nicht mit der Mail übermittelt worden, schreibt das BMG.
Offenbar hat sich das Ministerium aber auch nicht weiter dringlich dafür interessiert. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass Union und SPD noch in den Koalitionsverhandlungen feststeckten und sich die Regierungsbildung hinzog. Der Koalitionsvertrag stand erst im März 2018.
Wie Thomas Gebhardt, Parlamentarischer Staatssekretär im BMG, in seiner Antwort auf die Frage der Grünen-Abgeordneten Maria Klein-Schmeink schreibt, sei die Anlagemit den Eckpunkten – die im Dezember 2017 fehlte – dem Ministerium letztlich „auf Nachfrage am 2. August 2019 übermittelt“ worden. Über die Festlegung der Zugriffsrechte sei man im Ministerium erstmals im April 2018 informiert worden, betonte Gebhardt weiter.
Spätestens seit dem Datum weiß das BMG über das eingeschränkte Berechtigungsmanagement Bescheid. Für die Grünen ist klar, dass das Ministerium zu spät auf bestehende Probleme reagiert hat. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hätte – „so ihm das wichtig gewesen wäre“ – spätestens im April 2018 die Möglichkeit gehabt, gegenzusteuern, hieß es aus Kreisen der Grünen. Dann wäre es gar nicht zu der Streichung sämtlicher ePA-Regelungen im Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) gekommen.
Hintergrund waren dem Vernehmen nach im Frühjahr 2019 Bedenken des Bundesjustizministeriums an der ePA. Dabei soll es vor allem um die Sicherheit der Daten sowie die Frage gegangen sein, welche Anwendungen zuerst auf der ePA verfügbar sein müssen. Diese Regelungen müssen nun nachgearbeitet werden. Es fehlen damit zunächst auch die geplanten Anwendungen, die zu Beginn der ePA zur Verfügung stehen sollten. Dazu zählen der Impfausweis, der Mutterpass sowie das Untersuchungsheft für Kinder und das Zahn-Bonus-Heft.
In der Gesetzesvorlage vom 4. Juli 2019 heißt es, dass „in einem zeitnah folgenden Gesetz“ auch „weitere Anwendungen in die elektronische Patientenakte“ integriert werden sollen. Es muss für die neuen Regelungen nach Abstimmung mit den anderen Ressorts also ein neues Gesetz geben. An den Vorgaben für die Ärzte und Krankenkassen und dem Termin, dass die ePA ab dem 1. Januar 2021 genutzt werden soll, ändert das nichts.
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