Empfehlungen für demenzsensible Strukturen in Kliniken vorgestellt

Berlin – Die Betreuung von kognitiv eingeschränkten Patienten in somatischen Krankenhausabteilungen ist Gegenstand eines neuen Dossiers des Deutschen Evangelischen Krankenhausverbandes (DEKV). Zusammen mit einer Expertengruppe präsentiert der Verband sechs zentrale Überlegungen, die für demenzsensible Krankenhäuser besonders wichtig sind.
„Eine hochwertige Versorgung vulnerabler Patienten ist den Krankenhäusern in christlicher Trägerschaft ein wichtiges Anliegen. Deshalb bemüht sich der DEKV verstärkt um Lösungen und politische gangbare Wege auch für eine sektorenübergreifende Versorgung“, sagte der Vorsitzende des DEKV, Christoph Radbruch, auf der Fachtagung „Nichts vergessen? – Auf dem Weg zum demenzsensiblen Krankenhaus“, die heute und morgen in Berlin stattfindet. „Menschen mit Demenz können nicht wie andere Patienten behandelt werden – sie brauchen mehr Aufmerksamkeit, mehr Zeit und speziell geschulte Mitarbeitende in Medizin und Pflege, die sich mit ihren besonderen Bedürfnissen auseinandersetzen“, betonte Radbruch.
Risikopatienten müssen identifiziert werden
Punkt eins widmet sich unter anderem der Identifikation von Risikopatienten. „Patienten mit kognitiven Einschränkungen müssen frühzeitig im Krankenhaus erkannt werden, um das Risiko möglicher Komplikationen zu minimieren“, heißt es in dem Papier. Bei knapp zwei Dritteln der Patienten mit Demenz sei die Diagnose zum Zeitpunkt der stationären Aufnahme nicht bekannt. Damit diese Patienten als Risikogruppe für Komplikationen wie Delir, längere Liegezeiten, Stürze oder Mangelernährung frühzeitig erkannt werden könnten, müsse das Krankenhaus Strukturen etablieren, um die kognitive Einschränkung regelhaft zu identifizieren.
Die Selbstbestimmung demenzkranker Patienten zu bewahren, sei eine zentrale und zunehmend wichtige Aufgabe für Krankenhäuser, heißt es unter Punkt zwei des Papiers. „Bei demenzbetroffenen Menschen, die sich nicht mehr ausreichend, nur noch indirekt oder schwer verständlich äußern können, braucht es vor allem eine genaue und dem Patienten zugeneigte Beobachtung und Erfassung der indirekten Selbstäußerungen. Beobachtungen und Erinnerungen von Angehörigen, Freunden und anderen Kontaktpersonen können dabei helfen“, führen die Autoren weiter aus.
Das Empfehlungspapier beschreibt weiterhin, wie Mitarbeitende geschult und Prozesse gestaltet werden müssen, um für demenzkranke Patienten ein Höchstmaß an Selbstbestimmung zu erhalten und Komplikationen wie einem postoperativen Delir vorzubeugen. Darüber hinaus skizziert das Dossier Qualitätskriterien, die für eine demenzsensible Krankenhausbehandlung herangezogen werden können.
„Ziel ist es, die Mitarbeitenden in Medizin und Pflege für die Bedarfe von Menschen mit kognitiven Risiken zu sensibilisieren und für die Versorgung zu qualizieren“, so die Autoren. Dadurch verbessere sich auch die Arbeitsqualität nachweislich. „Hierfür sind allerdings auch strukturelle Maßnahmen und Investitionen im Krankenhaus erforderlich. Diese müssen refinanziert werden, um das Gesundheitssystem langfristig zu entlasten“, fordert der DEKV.
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