Erhöhung der Mindestsprechstundenzeit soll Mitte 2019 in Kraft treten

Berlin – Spätestens Mitte 2019 sollen die Pläne von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zur Erweiterung der Sprechstundenzeiten niedergelassener Ärzte in Kraft getreten sein, wie es heute aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) hieß. Im Interview mit dem Deutschen Ärzteblatt hatte Spahn bereits angekündigt, dass Vertragsärzte künftig eine höhere Vergütung außerhalb des Budgets erhalten sollen, die Patienten ohne Terminvergabe in „zusätzlichen offenen Sprechstundenzeiten“ behandeln.
Eine extrabudgetäre Vergütung sollen zudem Hausärzte erhalten, die einen Facharzttermin vermitteln sowie Ärzte, die neue Patienten behandeln oder Patienten, die durch eine Terminservicestelle vermittelt wurden. Einen entsprechenden Gesetzentwurf will das BMG morgen vorlegen.
Darin ist dem Ministerium zufolge auch vorgesehen, die Mindestsprechstundenzeit der niedergelassenen Ärzte von 20 auf 25 Stunden pro Woche anzuheben. Eine offene Sprechstunde sollen dabei Arztgruppen der wohnortnahen Versorgung wie Haus- und Kinderärzte, konservativ tätige Augenärzte oder Frauen- und HNO-Ärzte anbieten. Bei der Ausweitung der Sprechstundenzeiten geht es Spahn vor allem darum, der Diskussion um die Zwei-Klassen-Medizin in Deutschland zu begegnen.
Selbstverwaltung erhält eine Frist von drei Monaten
Die nähere Ausgestaltung dieser Regelung wird dem BMG zufolge die Aufgabe der Partner des Bundesmantelvertrages werden, also der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und der Krankenkassen. Um zu Ergebnissen zu kommen, soll ihnen jedoch nur eine Frist von drei Monaten gegeben werden. Das Ministerium kündigte an, die entsprechenden Regelungen selbst im Rahmen einer Ersatzvornahme zu treffen, wenn die Selbstverwaltungspartner die vorgegebenen Fristen nicht einhalten. Dafür will es sich frühzeitig die relevanten Daten aus den Instituten der Selbstverwaltung kommen lassen, zum Beispiel aus dem Institut des Bewertungsausschusses oder dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK).
Ob die Ärzte ihre Mindestsprechstundenzeiten wirklich anbieten, sollen dem BMG zufolge die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) kontrollieren. Dies sei über die Zeiten möglich, die im Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) den einzelnen EBM-Ziffern zugeordnet sind. Entsprechende Prüfkriterien gebe es bereits heute. Bei den Vertragsärzten, die ihrem Versorgungsauftrag nicht nachkommen, sei dieser zu reduzieren.
Mit dieser Regelung gehe es nicht darum, die Ärzte zu bestrafen, die schon heute mehr als 20 Sprechstunden pro Woche anbieten, hieß es aus dem BMG. Im Gegenteil: Diese Ärzte erhielten durch die geplante Neuregelung eine zusätzliche Vergütung. Sie müssten vor den Ärzten geschützt werden, die einen vollen Versorgungsauftrag haben, diesen aber nicht erfüllen.
Geplanten Maßnahmen kosten 500 bis 600 Millionen Euro
In dem anstehenden Gesetz sollen die KBV und die KVen zudem damit beauftragt werden, an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr unter der Nummer 116117 einen Telefonservice anzubieten, über den die Patienten sowohl die Terminservicestellen als auch den ambulanten Notdienst erreichen können, hieß es aus dem BMG. Die Servicestellen sollen den Patienten auch bei der Suche nach einem neuen Hausarzt helfen. Zudem soll die KBV damit beauftragt werden, eine entsprechende App zur Unterstützung dieses Angebots zu entwickeln.
Die geplanten Maßnahmen würden etwa 500 bis 600 Millionen Euro kosten, erklärte das BMG. Damit seien die Mehrausgaben gar nicht weit von dem Betrag entfernt, den die KBV für die Abschaffung des Budgets im Grundleistungsbereich errechnet hatte und der sich auf etwa 600 Millionen Euro belief. In diesen Betrag sei jedoch die von der Bundesregierung im Koalitionsvertrag konsentierte Erhöhung des Zuschusses für den Zahnersatz von 50 auf 60 Prozent noch nicht enthalten, die ebenfalls etwa 600 Millionen Euro kosten werde, so das Ministerium. Es sei allerdings davon auszugehen, dass die geplanten Neuregelungen im Großen und Ganzen durch die gute wirtschaftliche Entwicklung abgebildet würden.
Kassen müssen elektronische Patientenakte ab 2021 anbieten
Wie aus dem BMG verlautete, soll das Gesetz noch weitere Aspekte beinhalten. Um weitere Anreize zu setzen, Ärzte für die Niederlassung in unterversorgten Regionen zu interessieren, soll der Strukturfonds von 0,1 Prozent der Gesamtvergütung auf 0,2 Prozent erhöht werden. Mit diesem Fonds können die KVen regionale Maßnahmen gegen die Unterversorgung finanzieren. Zudem sollen KVen verpflichtet werden, in unterversorgten oder von Unterversorgung bedrohten Gebieten eigene Praxen oder Versorgungs-Alternativen wie Patientenbusse anzubieten.
Des Weiteren sollen in dem Gesetzentwurf Krankenkassen dazu verpflichtet werden, ihren Versicherten spätestens ab 2021 eine elektronische Patientenakte zur Verfügung zu stellen, auf die die Patienten auch mit ihrem Smartphone oder Tablet zugreifen können.
Schließlich sollen Versicherte mit erhöhtem HIV-Infektionsrisiko einen Anspruch auf eine Präexpositionsprophylaxe (PrEP) erhalten. Die dafür erforderlichen ärztlichen Beratungen und Untersuchungen sowie die entsprechenden Arzneimitteln sollen von den Krankenkassen erstattet werden. Ebenfalls erstattet werden soll die Kryokonservierung von Keimzellgewebe, Ei- und Samenzahlen bei jungen Krebspatienten. Nicht vorgesehen sei jedoch eine Erstattung der Kryokonservierung im Rahmen von nachlassender Fertilität im Alter.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: