Erste Babys in Großbritannien mit Erbgut von drei Menschen geboren

London – Erstmals sind in Großbritannien Babys zur Welt gekommen, die das Erbgut von drei Menschen tragen. Das geht heute aus einem Bericht des Guardian hervor. Demnach bestätigte die Embryology Authority (HFEA), dass bereits eine kleine Zahl von Babys geboren wurden, die mit einem speziellen In-Vitro-Verfahren gezeugt worden waren.
Die Technik der Mitochondrial Replacement Therapy (Mitochondrien-Austauschtherapie) wird angewandt, um Defekte der Mitochondrien-DNA der Mutter nicht an das Kind zu vererben. Mediziner entfernen dafür den Zellkern einer befruchteten Eizelle der Mutter und setzen ihn in eine Eizelle einer anderen Frau ein, deren Zellkern – aber nicht die Mitochondrien – zuvor entfernt worden ist.
Das Erbgut der Eizellspenderin ist dabei beim Kind auf eine sehr kleine Zahl von Genen beschränkt. 99,8 Prozent des Erbguts stammen von Mutter und Vater. Eine kleine Menge DNA – etwa 37 Gene – stammen aus den Mitochondrien der gespendeten, entkernten Eizelle.
Die Mitochondrien-Austauschtherapie hat das Newcastle Fertility Centre durchgeführt. Zu den Geburten wollten sich das Institut unter Berufung auf Persönlichkeitsrechte der Betroffenen aber nicht äußern, wie der Guardian berichtete.
Mitochondrien der Mutter können dennoch übertragen werden
Das Verfahren ist nicht risikofrei. Denn eine Übertragung einer kleinen Anzahl von Mitochondrien der Mutter auf die Spendereizelle kann nicht vollständig verhindert werden.
Eine solche Reversion könnte zu einer Erkrankung des Kindes führen. Das zeigte kürzlich eine Pilotstudie mit 25 unfruchtbaren Paaren mit mehreren vorherigen erfolglosen In-Vitro-Fertilisations-Zyklen (2023; DOI: 10.1016/j.fertnstert.2023.02.008).
Es ist nicht das erste Mal weltweit, dass Babys mit drei genetischen Elternteilen auf die Welt gekommen sind, so gab es bereits 2016 in Mexiko und 2019 in Griechenland ähnliche Fälle. Das Deutsche Ärzteblatt hat darüber berichtet.
Damals war das Verfahren nicht gänzlich gelungen. Denn der Nukleus konnte nicht frei von Mitochondrien übertragen werden: Die Mitochondrien des Kindes wiesen zu 2,36 Prozent (Urin) bis 9,23 Prozent (Vorhaut) die Mutation des Leigh-Syndroms – erblichen Mitochondriopathie – auf, dass von der Mutter vererbt wurde.
Mindestens einer von 5.000 Menschen in der Allgemeinbevölkerung weist eine Mutation in der Mitochondrien (mt)-DNA auf, die eine mitochondriale Dysfunktion und mütterlich vererbte Krankheiten verursachen kann (2015, doi: 10.1002/ana.24362).
Bei einer Heteroplasmie existieren sowohl Wildtyp- als auch mutierte mitochondriale Genome nebeneinander. In diesem Fall hängt die Schwere der Symptome mit der Höhe der mtDNA-Mutationslast zusammen (2012; doi: 10.1038/ng.2427).
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