Erste Online-Krebskarte fasst alle Onkogene zusammen

Cambridge/Boston – Mehr als 760 Onkogene haben Forscher des Broad Institute des MIT und von Harvard identifiziert und eine Krebskarte erstellt. In dieser Übersicht können Wissenschaftler jedes einzelne Gen aufrufen und herausfinden, bei welcher Tumorart in Abhängigkeit von welchen anderen Genen es agiert. Die Ergebnisse wurden in Cell publiziert (2017; doi: 10.1016/j.cell.2017.06.010).
Bei der Analyse stellte sich heraus, dass zehn Prozent der gelisteten Onkogene in vielen Krebsarten parallel eine tragende Rolle spielen. Dazu zählen etwa MDM4, PIK3CA, KRAS, IGF1R, CDK4, erklärt die Koautorin Francisca Vazquez vom Dana-Farber Cancer Institute in Cambridge. Therapien, die diese Krebsgene stilllegen, könnten daher bei mehr Krebspatienten zum Einsatz kommen. Ein hervorragender Ausgangspunkt für ein Forschungsprojekt, findet Vazquez, um neue vielversprechende Therapien zu suchen.
Nur bei einem Fünftel der Interaktionen zwischen den Onkogenen waren Genabschnitte involviert, die Forscher bereits zuvor für potenzielle Therapien ins Auge gefasst hatten. 90 Prozent der etwa 500 untersuchten Zelllinien waren zudem nur von mindestens einem Gen eines 76-Gensets stark abhängig. Daraus folgern die Forscher, dass viele Krebsarten sich auf relativ wenige Gene verlassen, um ihr Überleben zu sichern.
Mehr als 17.000 Gene mittels RNAi untersucht
Ihre Versuche haben Aviad Tsherniak und seine Kollegen an etwa 500 Zelllinien durchgeführt, die mehr als 20 Krebsarten repräsentieren. Mit der RNA-Interferenz-Technik wurden mehr als 17.000 Gene stillgelegt, um zu untersuchen, welche Gene für die Krebszelle überlebenswichtig sind. Starben die Zellen ab, nachdem ein bestimmtes Gen via small interfering RNA (siRNA) abgeschalten wurde, bedeute das etwa, dass dieses Gen für die Zellteilung entscheidend war, erklärt David Root, Direktor der Genetic Pertubation Platform des Broad Cancer Programs.
Krebskarte ermöglicht Onlinesuche für Onkogene
Wurde durch siRNA ein entscheidendes Onkogen getroffen, kompensiert die Krebszelle den Ausfall häufig, um zu überleben, indem andere Gene aktiviert werden. Diese Abhängigkeit zwischen Krebsgenen übertrugen die Forscher ebenfalls in ihre Krebskarte, die auch online abrufbar ist. Hier kann jedes Gen in eine Suchmaske eingegeben werden, um Abhängigkeiten zu überprüfen.
Mithilfe von Biomarkern untersuchten die Forscher auch, wie die Gene sich in Krebszellen veränderten. Überrascht waren sie, als sie entdeckten, dass mehr als 80 Prozent sich anpassten, indem sie die Expression eines Gens hoch oder herunter regulierten. Das passiert etwa durch Hypermethylierung eines Genabschnitts. Mutationen in der Gensequenz waren hingegen nur in 16 Prozent der Fälle relevant.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: