Politik

Experten fordern Reform der Notfallversorgung

  • Donnerstag, 22. Dezember 2022
/picture alliance, Nicolas Armer
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Berlin – Bei einem „Runden Tisch Notfallversorgung“ haben sich in der vergangenen Woche Expertinnen und Experten darüber ausgetauscht, wie die Arbeitsbedingungen in Rettungsdienst und Notfallversorgung verbessert werden können.

An dem Gespräch nahmen unter anderem das Deutsche Rote Kreuz (DRK), der Deutsche Berufsverband Rettungsdienst (DBRD), die Deutsche Gesellschaft für Rettungswissenschaften (DGRE), der Fachverband Leitstelle, die Bundesärztekammer (BÄK) und die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) teil.

„In der Runde bestand Konsens darüber, dass der Rettungsdienst ein toller Beruf ist, dass die Arbeits­bedingungen aber verbessert werden müssen“, sagte Emmi Zeulner (CSU) dem Deutschen Ärzteblatt, die den Runden Tisch organisiert hat.

Derzeit werde der Rettungsdienst vielfach zu Bagatelleinsätzen gerufen – zu einer Zeit, in der die Arbeitsverdichtung wegen des Fachkräftemangels ohnehin schon hoch sei. „Ein Vertreter des Bayerischen Roten Kreuzes hat mir vor kurzem ein Beispiel genannt“, so Zeulner, deren Wahlkreis in den oberfränkischen Landkreisen Lichtenfels, Kulmbach und Bamberg liegt.

„Der Rettungsdienst wurde nachts von einer älteren Dame gerufen, die seit drei Wochen Rückenschmerzen hat. Diese Dame hat keinen Termin bei einem niedergelassenen Facharzt erhalten und wusste sich am Ende nicht anders zu helfen, als den Rettungsdienst zu rufen.“ In der Nacht habe sie angerufen, weil sie annahm, der Rettungsdienst habe nachts mehr Zeit als am Tag.

Den Faden wieder aufnehmen

Ein weiteres Problem seien die Rettungsdienstfahrten pflegebedürftiger Menschen ins Krankenhaus, die eigentlich gar nicht im Krankenhaus behandelt werden müssten, sagte Zeulner. Das gelte sowohl für die häusliche als auch für die stationäre Altenpflege. Wenn Versorgungsstrukturen in diesen Bereichen wegbrechen, komme es zum ungewünschten Drehtüreffekt.

„Ziel einer Reform der Notfallversorgung muss es sein, dass die Patientinnen und Patienten in dem Setting behandelt werden, in dem ihnen am besten geholfen werden kann“, betonte Zeulner.

„In der letzten Legislaturperiode hat der ehemalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zwei Gesetzentwürfe vorgelegt, um die Notfallversorgung zu reformieren. Wegen der Coronapandemie konnten sie nicht weiter verfolgt werden. Wir fordern Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf, den Faden wieder aufzunehmen und noch im nächsten Jahr eine Reform der Notfallversorgung umzusetzen.“

Das gesamte System in den Blick nehmen

Da im Gesundheitswesen alles mit allem zusammenhänge, müsse dafür das gesamte System in den Blick genommen werden.

„Das beginnt bei einer Stärkung der Gesundheitskompetenz der Bürgerinnen und Bürger“, betonte Zeulner. „Auch deshalb spreche ich mich klar für Schulkrankenschwestern aus, die das Thema Prävention schon bei den Kleinsten adressieren.“

Zudem müsse eine professionelle Ersteinschätzung erfolgen – so, wie es in den Gesetzentwürfen aus der letzten Legislaturperiode auch vorgesehen war. Dafür müssten die beiden Notrufnummern 112 und 116117 zusammengeführt sowie an den stationären Notaufnahmen auch eine vertragsärztliche Anlaufstelle vorgesehen werden.

Mehr Ausbildungsplätze für Notfallsanitäter

„Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Runden Tisch forderten zudem, die Kompetenzen für Notfallsanitäter auszuweiten und klarer zu regeln, als es zurzeit der Fall ist“, sagte Zeulner. Zudem müsse die Zahl der Ausbildungsplätze in diesem Bereich und die Bezahlung in der Ausbildung erhöht werden.

„Ich plädiere zudem für die Einführung eines Gemeindenotfallsanitäters beziehungsweise der Gemeindekrankenschwester, an die sich die Bürgerinnen und Bürger vor Ort wenden können, ohne direkt den Rettungsdienst zu rufen“, erklärte Zeulner.

„Von Bundesgesundheitsminister Lauterbach fordere ich schnellstmöglich einen Bund-Länder-Gipfel, bei dem Bund und Länder miteinander besprechen, wie die Reform der Notfallversorgung ausgestaltet werden soll.“ Der wichtige Bereich der Notfallversorgung dürfe angesichts der anstehenden Reform der Krankenhausvergütung nicht aus dem Blick geraten.

fos

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