Politik

Experten kritisieren Entwurf zu Sterbehilfegesetz

  • Mittwoch, 12. Dezember 2012

Berlin – Experten haben den Gesetzentwurf gegen gewerbsmäßige Förderung der Selbsttötung kritisiert. Während ein Teil der Fachleute für eine Verschärfung des Entwurfs plädierte, bemängelten andere den Entwurf im Grundsatz bei der Experten­anhörung des Bundestags-Rechtsausschusses am Mittwoch. Der Entwurf des Bundes­justizministeriums sieht vor, die kommerzielle Bereitstellung von Gelegenheiten zur Selbsttötung zu verbieten, Angehörige oder andere dem Suizidwilligen nahestehende Personen hingegen sollen sich nicht strafbar machen, wenn sie nur Teilnehmer an der Tat sind und selbst nicht gewerbsmäßig handeln.

Ende November stand die Erste Lesung des Entwurfs auf der Tagesordnung im Bundestag. Dort fand allerdings keine Debatte statt, sondern die Reden wurden zu Protokoll gegeben. Die CDU hatte auf ihrem Parteitag Anfang Dezember ein Verbot jeglicher Form organisierter Suizidbeihilfe beschlossen.

Der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, forderte den Bundestag auf, den Entwurf weiter zu fassen. Derzeit führe die gewählte Gesetzesformulierung zu problematischen Lücken. So erfasse der Entwurf nicht die organisierte, wiederholt durchgeführte und nicht kommerzielle Suizidbeihilfe, die es in Deutschland aber vor allem gebe. Er plädierte deshalb dafür, das Kriterium der Gewerbsmäßigkeit zu streichen.

Ähnlich argumentierten der Würzburger Jurist Kyrill-Alexander Schwarz sowie Marlis Hübner von der Bundesärztekammer. Schwarz schlug die Formulierung „gewohnheits­mäßig und eigennützig“ statt „gewerbsmäßig“ vor. Damit würde jede Form der organisierten Sterbehilfe in den Blick genommen.

Hübner betonte, es werde mit dem Entwurf ein falsches Signal gesetzt. Es entstehe der Eindruck, dass die Schwelle für einen Suizid herabgesetzt werde. „Dies muss unter allen Umständen vermieden werden“, so Hübner. Es gelte vielmehr, suizidwilligen Menschen lebensbejahende Perspektiven aufzuzeigen. Der Mediziner Rainer Freynhagen begrüßte den Entwurf grundsätzlich. Es bleibe den Strafrechtlern überlassen, inwieweit eine Ausweitung jenseits des Tatbestands „gewerbsmäßig“ notwendig sei.

Grundsätzliche Kritik am Entwurf übten die Juristen Henning Rosenau, Frank Saliger und Rosemarie Will. Rosenau bezeichnete es als „systemwidrig, die Beihilfe zum Suizid unter Strafe zu stellen“, da bei Straflosigkeit des Suizids auch die Anstiftung oder Beihilfe dazu straflos sein müssten. Dies habe in Deutschland eine lange Tradition, so Rosenau. Saliger betonte, der Gesetzgeber nehme mit dem Entwurf die „realen Tätigkeiten existierender Sterbehilfevereine“ nicht zur Kenntnis.

Stattdessen bekämpfe er „diffuse Bilder“ eines verwerflichen „Geschäfts mit dem Tod“. Dies führe zu „rein moralischen Strafnormen“, die in ihrer Wirkung symbolisch bleiben müssten. Auch die Berliner Juristin Will kritisierte eine verfehlte gesellschaftspolitische Zielsetzung des Entwurfs. Die auftretenden Probleme der Sterbebegleitung würden durch den Entwurf „in keiner Weise gelöst“, sie würden vielmehr verdrängt und zum Teil kriminalisiert, so Will, die auch Mitglied des Bundesvorstands der Humanistischen Union ist.

kna

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