Familie bei Ärztinnen eher Karrierehindernis

Berlin – Die Vereinbarkeit von Pflegearbeit und ärztlichem Beruf ist weiterhin vor allem für Frauen ein karrierehinderlicher Faktor. Das geht aus einer kürzlich veröffentlichen Umfrage der hämatoonkologischen Fachgesellschaften aus Deutschland, Österreich und der Schweiz hervor.
Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) fordert flexiblere Arbeitszeitmodelle, mehr Kinderbetreuungsangebote und eine strukturiere Förderung von Ärztinnen in Führungspositionen.
Während es weitaus mehr Medizinstudentinnen als Studenten gibt, fällt die Zahl der Ärztinnen in Leitungspositionen dagegen stark ab. „Nur drei von 34 Universitäten Führungspositionen sind mit Frauen besetzt“, sagte Hermann Einsele, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO und Direktor der Medizinischen Klinik II des Universitätsklinikums Würzburg.
„Ziel der Umfrage war es Wege zu einer nachhaltigen Stärkung von Karriereoptionen von Ärztinnen und Ärzten in der Hämatoonkologie zu identifizieren“, sagte Maike Busson-Spielberger, Leiterin des Studienteams und Sprecherin der Kommission Klinika der Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (bukof). Im Bezug auf die Gleichstellung habe sich ein nahezu unveränderter Zustand im Vergleich zu den Vorjahren gezeigt.
„Es fällt sofort auf, dass signifikant häufiger die Frauen Familie und Partnerschaft als karrierehinderlich ansehen“, sagte Busson-Spielberger. Zu diesen Hindernissen zählte Elternzeit und Kinderbetreuung, eingeschränkte Mobilität, fehlende Entlastung durch den Partner oder die Partnerin sowie die Pflege von Angehörigen.
Frauen gaben auch als persönlichen Karrierehindernisse eher Fokussierung auf die Familie und mangelndes Selbstbewusstsein an, während Ärzte eher Trägheit und mangelnde Motivation als Hindernis betrachteten.
Flexiblere Arbeitsmodelle gewünscht
Mehr Ärztinnen als Ärzte wünschten sich andere Arbeitsbedingungen. Dazu zählten unter anderem flexiblere Arbeitszeiten, Homeoffice Möglichkeiten etwa zum Forschen oder zum Schreiben von Arztbriefen und Teilzeitoptionen in leitenden Positionen.
„Vielfach gewünschte Teilzeitoptionen sowohl für die Facharztweiterbildung als auch für Führungspositionen sind noch nicht in einem ausreichenden Maße implementiert“, kommentierte Busson-Spielberger. Auch Jobsharing und Topsharing blieben weiterhin wünschenswert. Für eine nachhaltige Veränderung der Situation brauche es daher sowohl ein Umdenken in den Führungsstrukturen als auch ein Bündel an praktischen Maßnahmen.
Das betonte auch Katja Weisel, zweite Vorsitzende des DGHO-Arbeitskreises „Frauen in der Hämatologie und Onkologie“ und stellvertretende Direktorin des Universitären Cancer Center Hamburg (UCCH). Unter anderem sprach sie sich für Home-Office-Möglichkeiten, flexiblere Dienstgestaltung sowie Urlaubsplanung und Teilzeitangebote aus.
Außerdem gehöre zu den Maßnahmen „die Bereitstellung eines aktuellen und transparenten Gendercontrollings, die Steigerung des Frauenanteils in den wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften und ihren Gremien, Fortbildungsangebote für Ärztinnen zu Netzwerken“.
Weitere Fortbildungen sollte es zu zeitgemäßen Arbeitszeit -und Arbeitsorgaisationsmanagement für Führungskräfte sowie Sensibilisierung gegenüber Alltagssexismus geben. „Die Medizin ist generell ein sehr hierarchisches und konservativ angelegtes Fach“, so Weisel. Das lasse sich nicht von jetzt auf gleich ändern. Aber man müsse Evidenz für den aktuellen Zustand schaffen um ihn zu ändern.
An der Online-Befragung zwischen April und Juli 2021 nahmen 469 Mitglieder der Fachgesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz teil. Mehr als 60 Prozent der Teilnehmenden war weiblich. Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl von lediglich 13 Prozent der 5.157 Befragten ist die Umfrage nicht repräsentativ. Die DGHO veröffentlichte die Ergebnisse im 19. Band der Gesundheitspolitischen Schriftenheihe der DGHO.
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