Healthcare-Frauen pochen auf Parität in Vorständen von Ärzteverbänden

Bodenheim – Künftig sollten die Selbstverwaltungsgremien der Ärzteschaft paritätisch von Männern und Frauen besetzt werden, findet der Verein Healthcare Frauen (HCF), der sich für mehr Frauen in Führungspositionen im Gesundheitswesen einsetzt.
Für das kommende Jahr stehen etwa Vorstandswahlen bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) an. Alle sechs Jahre wird hier ein dreiköpfiger Vorstand gewählt. Der aktuelle Vorstand, bestehend aus dem Vorstandsvorsitzenden Andreas Gassen, seinem Stellvertreter Stephan Hofmeister und dem weiteren Vorstandsmitglied Thomas Kriedel wurde am 3. März 2017 für die 15. Wahlperiode gewählt.
Etwa die Hälfte der Beschäftigten in der vertragsärztlichen Ärzteschaft sind derzeit Frauen, der Anteil stieg in den vergangenen Jahren stetig an. Und: Bei den Medizinstudierenden machen die Frauen sogar zwei Drittel des Nachwuchses aus.
„Warum sollen an der Spitze der Kassenärztlichen Vereinigungen nur Männer das Sagen haben und Entscheidungen zum großen Teil nur von Männern getroffen werden?“, fragte HCF-Vorstandsmitglied Cornelia Wanke gestern im Rahmen einer digitalen Pressekonferenz zum anstehenden Sommerfest des Vereins, das nächste Woche stattfinden soll.
Dass in den Vorständen Männer und Frauen gleichberechtigt vertreten sein müssten, sei etwa für die Krankenkassen schon Realität. Für manche Körperschaften des öffentlichen Rechts wie etwa den Ärzteverbänden aber leider noch nicht, so Wanke.
Sie spielt damit auf das Zweite Führungspositionengesetz an, das im August 2021 in Kraft getreten ist. Darin ist die Mindestbeteiligung einer Frau bei Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern etwa von börsennotierten Unternehmen geregelt.
Auch bei manchen Körperschaften des öffentlichen Rechts, wie etwa Krankenkassen oder Renten- und Unfallversicherungsträgern sowie bei der Bundesagentur für Arbeit muss laut Gesetz eine Mindestbeteiligung von einer Frau in mehrköpfigen Vorständen eingeführt werden. Laut Bundesfamilienministerium gilt das Gesetz damit für rund 155 Sozialversicherungsträger.
Wanke wünsche sich hier etwa ein Drittes Führungspositionengesetz oder eine gesetzliche Regelung, die an eine andere gesundheitspolitische Gesetzgebung angedockt werden könnte, in der die ärztlichen Vereinigungen ebenfalls in die Pflicht genommen würden, Frauen in Vorständen zu beteiligen.
Die Chancen für die Realisierung dieses Wunsches stehen dabei nicht schlecht. Die Bundesregierung bestehend aus SPD, Grünen und FDP hat sich die Erweiterung der Mitbestimmung von Frauen auch im ärztlichen Bereich offiziell vorgenommen.
Im Koalitionsvertrag der Ampel-Koalition heißt es dazu: „Wir stärken die paritätische Beteiligung von Frauen in den Führungsgremien der Kassen- (zahn)ärztlichen Vereinigungen sowie ihrer Spitzenverbände auf Bundesebene sowie der gesetzlichen Krankenkassen.“ Wanke geht allerdings nicht davon aus, dass das Vorhaben bis zur kommenden KBV-Wahl bereits umgesetzt sein könnte.
Ein Geschmäckle hätten dabei zudem Aktionen wie die der Kassenzahnärztlichen Vereinigung in Westfalen-Lippe, betonte Wanke. Dort wurde die Vorstandswahl in einer außerordentlichen Sitzung am 22. Januar 2022 durch die bereits bestehende Vertreterversammlung vorgezogen. Die beiden Vorstandsmitglieder Holger Seib und Michael Evelt wurden für weitere sechs Jahre wiedergewählt, eine Erweiterung des Vorstands wurde abgelehnt.
Für Wanke zeige solches Verhalten, wie groß das Verharrungsvermögen alter Strukturen sei. Aus Furcht vor einer möglichen paritätischen Besetzung des Vorstands sei hier die Wahl vorgezogen worden, so Wanke. Sie kündigte an, dass der HCF künftig solche Situationen genauer beobachten werde und bei Bedarf auch juristische Maßnahmen ergreifen wolle.
Der Verein HCF wurde 2006 gegründet und hat sich zum Ziel gesetzt, mehr Vielfalt in die Führungsetagen in Unternehmen, Institutionen und Politik im Gesundheitsbereich zu bringen. Dafür betreibt HCF unter anderem ein Mentoring- sowie ein Leadership-Programm. Der Verein hat rund 200 Mitglieder.
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