Festbeträge bringen gesetzlicher Krankenversicherung Milliardeneinsparung

Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) spart jedes Jahr rund 8,2 Milliarden Euro durch Arzneimittelfestbeträge. Das hat der GKV-Spitzenverband heute anlässlich des 30-jährigen Bestehens des Instruments mitgeteilt. Die Festbeträge wurden am 19. Juni 1989 eingeführt.
„Mit den Festbeträgen wurde ein Instrument geschaffen, mit dem den zum Teil überzogenen Preisvorstellungen der Pharmaindustrie dauerhaft und effizient entgegengewirkt werden konnte, ohne dass die Versicherten Einbußen bei der Versorgungsqualität für Arzneimittel hinnehmen mussten“, sagte Johann-Magnus von Stackelberg, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.
Festbeträge sind Erstattungshöchstgrenzen für Arzneimittel, bis zu denen die Krankenkassen die Kosten übernehmen. Der Gemeinsame Bundesausschuss bestimmt, für welche Arzneimittelgruppen Festbeträge gebildet werden können. Dabei setzt er sich auch mit unterschiedlichen Darreichungsformen oder Indikationen auseinander und achtet darauf, dass notwendige Versorgungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Anschließend legt der GKV-Spitzenverband – nach einem Stellungnahmeverfahren – die jeweilige Erstattungshöchstgrenze für diese Festbetragsgruppen fest.
Der GKV-Spitzenverband achte darauf, dass „eine für die medizinisch notwendige Versorgung ausreichende Zahl qualitativ hochwertiger Arzneimittel verfügbar ist, für die Versicherte keine Aufzahlung leisten müssen“, hieß es vom Verband. Gesetzlich sei vorgesehen, dass dies für mindestens 20 Prozent der Verordnungen und 20 Prozent der Arzneimittelpackungen einer Festbetragsgruppe gelten müsse.
Patienten müssen zuzahlen
Eine Aufzahlung für Patienten fällt dan an, wenn der Hersteller für ein Festbetragsarzneimittel einen Preis verlangt, der über dem Erstattungshöchstbetrag liegt. Die Differenz zum Festbetrag muss der Versicherte selbst übernehmen, teilte der GKV-Spitzenverband mit.
Den Kassen zufolge werden durch diese Regelung „Ärzte und Patienten motiviert, hochwertige, aber preisgünstige Arzneimittel zu wählen“. Pharmazeutische Unternehmen hätten gleichzeitig einen Anreiz, ihre Preise an den Festbeträgen zu orientieren, damit ihre Medikamente weiterhin in der Apotheke abgegeben würden.
„Auf diese Weise wird der Wettbewerb im Sinne fairer Arzneimittelpreise gefördert, ohne dass die therapeutisch notwendige Arzneimittelauswahl für die Versicherten eingeschränkt wird“, schreiben die Krankenkassen. Sie weisen darauf hin, dass der Mechanismus funktioniere. In den Apotheken würden fast 95 Prozent aller Verordnungen über Festbetragsarzneimittel eingelöst, ohne dass eine Aufzahlung fällig würde.
Die Industrie sieht die Festbeträge mit ganz anderen Augen. Sie mahnt eine Überarbeitung des Systems an, weil es vor allem nicht ausreichend nach therapierelevanten Kriterien bei Arzneimitteln differenziere. Die 30 Jahre sprächen eher dafür, nun ganz schnell alle notwendigen Reformmaßnahmen des Festbetragssystems einzuleiten, hieß es vom Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH).
Der BAH betonte, weil sich die Höhe der Festbeträge im Wesentlichen an Wirkstoffmengen und Packungsgrößen orientiere, bekämen aufwendig hergestellte Darreichungsformen den gleichen Preis wie günstigere. So erhielten bestimmte Patientengruppen oft Arzneimittel nur noch gegen eine Mehrzahlung. Oder Arzneimittel verschwänden gar vom Markt, weil Hersteller sie nicht kostendeckend produzieren könnten. Wer, wie der GKV-Spitzenveband, das jetzige System als dauerhaft und effizient bezeichne, verschließe die Augen vor der Realität, und das zu Lasten der Patienten, sagte BAH-Hauptgeschäftsführer Hubertus Cranz.
Festbeträge werden in regelmäßigen Abständen vom GKV-Spitzenverband überprüft. Insgesamt umfasst die Festbetragsregelung zurzeit über 30.000 Fertigarzneimittel, die in 449 Festbetragsgruppen kategorisiert sind. Aktuell entfallen 80 Prozent aller Arzneimittelverordnungen und 35 Prozent des gesamten Arzneimittelausgabenvolumens auf Arzneimittel mit Festbeträgen.
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