Frauen in Afghanistan vom Medizinstudium ausgeschlossen

Berlin/Zürich – Frauen in Afghanistan dürfen aktuell weder Medizin noch ein anderes Fach an Universitäten, privaten Bildungseinrichtungen oder Vorbereitungszentren studieren. Das berichtet Maiwand Ahmadsei vom Universitässpital Zürich dem Deutschen Ärzteblatt (DÄ).
Der Arzt widerspricht damit einer Meldung der Kinderhilfe Afghanistan, der zufolge afghanische Frauen ihre Ausbildung in medizinischen Berufen wieder aufnehmen beziehungsweise fortsetzen können sollen.
„Es ist so, dass Frauen und Mädchen ab der 6. Klasse grundsätzlich keine Bildungseinrichtung besuchen dürfen“, erklärte der Arzt. In einigen Provinzen betreffe das sogar die Koranschulen, auch bekannt als Madrassa.
Gemeinsam mit einigen Kolleginnen und Kollegen hat Ahmadsei deshalb vor zwei Monaten die Initiative „Afghan Medical Students“ ins Leben gerufen.
„In der Zwischenzeit konnten wir erfolgreich mehr als 3.000 Medizinstudentinnen in unser Netzwerk mit lokaler Hilfe vor Ort aufnehmen“, berichtet er. „Wir kommunizieren mit diesen über WhatsApp und halten täglich eine Vorlesung.“
Momentan bestehe das helfende Team aus etwa 250 Ärztinnen und Ärzten sowie Medizinstudierenden. Gesucht würden aber weitere Helfende, die Vorlesungen halten könnten (https://forms.gle/NyLrGxj4561B1nVL7). Eine Website und Lernplattform befänden sich im Aufbau.
Momentan dürften in Afghanistan nur examinierte Assistenzärztinnen die Krankenhäuser zur Fortführung ihrer Facharztweiterbildung betreten, müssten jedoch ein Kopftuch und eine Maske tragen, berichtet Ahmadsei dem DÄ.
Die Zusammenarbeit mit männlichen Kollegen würde auf ein absolutes Minimum reduziert und die Auszahlung der Gehälter erfolge teilweise unregelmässig. Generell herrsche ein massiver Mangel an Personal, Medikamenten und Ausstattung.
Afghanistan hatte bereits vor den aktuellen Bildungsverbot eine der höchsten Raten an Kinderbettsterblichkeit und Müttersterblichkeit. „Hinzu kommt natürlich der massive Mangel an einfacher grundlegender medizinischer Versorgung im ländlichen Raum, erneut besonders für Frauen“, betonte Ahmadsei. Die aktuellen Verbote würden diese prekäre Situation erneut intensivieren.
„Es wird aufgrund der katastrophalen medizinischen Versorgung, besonders für Frauen, in mittelbarer Zukunft kein anderer Ausweg bestehen als neue Ärztinnen zur Ausübung Ihrer Tätigkeit zuzulassen, wenn eine noch grössere Katastrophe verhindert werden soll“, ist der Arzt überzeugt.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: