Katastrophale Entwicklung bei der Gesundheitsversorgung in Afghanistan

Berlin/Kabul – Armut, zunehmende Einschränkungen für Frauen und ein dysfunktionales Gesundheitssystem sorgen dafür, dass die Gesundheitsversorgung in Afghanistan immer schlechter wird. Das geht aus einem neuen Bericht der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ hervor. Für den Bericht hat eine Arbeitsgruppe mehr als 200 Patienten sowie Mitarbeiter aus Gesundheitseinrichtungen befragt.
91,2 Prozent der Befragten geben an, dass ihr Einkommen im vergangenen Jahr gesunken ist. Das sind 15 Prozent mehr als im Jahr 2021. 95 Prozent geben an, dass sie in den vergangenen zwölf Monaten Schwierigkeiten hatten, sich aufgrund der steigenden Arbeitslosigkeit und der stagnierenden Gehälter bei gleichzeitig steigenden Preisen Grundnahrungsmittel zu leisten.
„Teilweise sind die Mütter so mangelernährt, dass sie keine Milch für ihre Kinder produzieren können“, erläutert eine Mitarbeiterin von Ärzte ohne Grenzen im Regionalkrankenhaus in Herat in dem Report. Darin geben 88 Prozent der Befragten an, dass sie im Jahr 2022 ihre medizinische Versorgung aufgeschoben, ausgesetzt oder nicht in Anspruch genommen haben – ein Anstieg um 14,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
„Eines der Hauptprobleme in Afghanistan ist, dass die Gesundheitseinrichtungen in der Peripherie weder gut ausgestattet sind noch über ausreichende Finanzmittel oder Personal verfügen“, erläuterte Filipe Ribeiro, Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen in Afghanistan.
Daher müssten die Menschen in ländlichen Gebieten weite Strecken zurücklegen, um eine qualitativ hochwertige Behandlung zu erhalten. Allerdings könnten sie sich diese Fahrten oft nicht leisten, ohne sich zu verschulden, so Ribeiro.
Mehr als 60 Prozent der Befragten gaben an, dass Frauen mit größeren Hindernissen beim Zugang zur Gesundheitsversorgung konfrontiert seien als Männer. Das hat laut dem Report vor allem mit den Bewegungseinschränkungen für Frauen zu tun, die ihr Zuhause meist nur in Begleitung eines männlichen Verwandten verlassen dürften.
Dies schränke ihre Möglichkeiten, ein Krankenhaus zu erreichen – ob als Patientin, Pflegerin oder humanitäre Helferin. Hinzu kommt laut Ärzte ohne Grenzen, dass eine Reise, die für eine Person schon schwer zu bezahlen sei, für zwei Personen oft unerschwinglich bleibe.
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