Politik

Deutschland will Afghanistan-Projekte für und mit Frauen fortsetzen

  • Mittwoch, 15. Februar 2023
/picture alliance, EPA, STRINGER
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Berlin – Deutschland will bestimmte Entwicklungsprojekte in Afghanistan trotz der massiven Einschränkung von Frauenrechten durch die regierenden militant-islamistischen Taliban wieder aufnehmen. Dabei gehe man nach dem Grundsatz „mit Frauen für Frauen“ vor, teilte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) mit.

Soweit Frauen in den von Deutschland finanzierten Programmen mitarbeiteten und durch diese erreicht werden könnten, werde man das Engagement zum Erhalt der Basisversorgung in Afghanistan fortführen.

Nachdem die Taliban Frauen Ende Dezember verboten hatten, für Nichtregierungsorganisationen zu arbeiten, hatte Schulze Projekte zur Unterstützung der Grundbedürfnisse der afghanischen Bevölkerung vorläufig aus­gesetzt.

Seitdem habe man mit anderen Gebern, den Vereinten Nationen (UN) und der Weltbank abgewogen, ob und wie weitere Unterstützung möglich sei, hieß es nun. Zuerst hatte die Süddeutsche Zeitung über die aktuelle Entscheidung berichtet.

Schulze forderte erneut die Rücknahme der Eingriffe in die Rechte von Frauen und Mädchen. Deutschland müsse sich angesichts der gravierenden humanitären Krise aber auch weiterhin für die Menschen in Afgha­nistan engagieren.

Afghanische Frauen und Mädchen würden „doppelt bestraft, wenn wir das entwicklungspolitische Engage­ment in den Bereichen aussetzen, in denen Frauen weiter beschäftigt und Frauen weiterhin erreicht werden können“, hieß es weiter. „Denn damit würde man Freuen, die arbeiten dürfen und wollen, ihre Jobs wegneh­men und sie zusätzlich benachteiligen.“

Das Entwicklungsministerium hatte im vergangenen Jahr 187 Millionen Euro für Projekte in Afghanistan zur Verfügung gestellt. Hinzu kommen Gelder aus den Vorjahren. Alle Programme arbeiteten regierungsfern, wurde betont.

Das Ministerium habe schon mit der Machtübernahme der Taliban im August 2021 bei seinen Vorhaben einen Fokus auf Frauen und Mädchen gelegt. Aus diesem Grund könne ein Großteil dieser Vorhaben auch unter den neuen Vorgaben weiterlaufen.

Unterdessen kommt in Afghanistan bei vielen Familien keine lebensnotwendige Hilfe mehr an. Das berichtete die Organisation Save the Children. Grund sei das von den Taliban verfügte Arbeitsverbot für afghanische Frauen bei Nichtregierungsorganisationen.

Einen entsprechenden Erlass hatten die militanten Islamisten Ende Dezember ausgegeben. Ausnahmen sind Jobs in den Sektoren Gesundheit, Ernährung und Bildung. Als Reaktion darauf legten viele Organisationen ihre Tätigkeiten in allen anderen Bereichen auf Eis, darunter Save the Children.

Das jedoch verstärkt die ohnehin herrschende humanitäre Krise des Landes. Erst Ende Januar hatte eine Delegation mit Vertretern internationaler Hilfsorganisationen in Kabul an die Talibanregierung appelliert, ihr Verbot wieder aufzuheben und betont, dass afghanische Frauen für humanitäre Einsätze im Land kritisch seien.

„Fast 20 Millionen Kinder und Erwachsene sind von extremem Hunger betroffen und kämpfen bei zweistelli­gen Minusgraden ums Überleben“, sagt David Wright, Leiter der Einsätze von Save the Children. Das Arbeits­verbot verschärfe vor allem die Not der Frauen und Kinder.

Afghanistan erlebt derzeit eine schwere Wirtschaftskrise, maßgeblich verstärkt durch Sanktionen gegen die Taliban-Regierung. Zudem hat das Land dieses Jahr mit einem ungewöhnlich kalten Winter zu kämpfen: In einigen Teilen des Landes wurden zwischenzeitlich Temperaturen unter minus 30 Grad gemessen. Nach An­gaben von Save the Children sind von Frauen geführte Haushalte besonders stark von der humanitären Krise betroffen: 96 Prozent der von Frauen geführten Haushalte hätten nicht genug zu essen.

„Die Taliban müssen das Verbot aufheben und NGOs erlauben, ihre Arbeit mit weiblichen und männlichen Mitarbeitenden in vollem Umfang wieder aufzunehmen“, forderte David Wright. Auch appelliert er an die internationale Gemeinschaft, ihre Hilfsgelder für das Land nicht zu kürzen. „Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt, um Afghanistan den Rücken zu kehren.

dpa

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