Frauengesundheit: Die 8 wichtigsten Vorsorge-Maßnahmen

Boston – In den USA können Frauen jährlich einen kostenlosen Gesundheitsservice zur Vorsorge in Anspruch nehmen, den sogenannten Well Woman Visit (WWV). Die acht wichtigsten Bereiche, die die Fortpflanzungsmedizin und vermeidbare Todesursachen betreffen, haben Forscher vom Massachusetts General Hospital in Boston auf Basis der bestehenden Evidenz aus 169 Studien zusammengefasst. Das Review erschien im Women's Health Issue (DOI:10.1016/j.whi.2015.11.003). Jetzt melden sich vier US-Wissenschaftler zu Wort, um urologische Erkrankungen zu ergänzen. Die Kritik: Die Methodik, mit der diese aber auch andere "well-visit"-Leitlinien erarbeitet wurden, hätten die Urologie bisher konsequnt ausgespart.
Dabei treten viele urologischen Erkrankungen bei Frauen sogar häufiger auf als bei Männern. Weniger als 7 % der Männer in den USA leiden an Inkontinenz, wohingegen mehr als jede dritte erwachsene Frau betroffen ist. Ihr Risiko für eine Depression liegt 80 % über dem von gesunden gleichaltrigen Frauen. Beim Arzt sprechen nur 10 % der Betroffenen das Thema Inkontinenz an. Das weibliche Geschlecht hat zudem ein um 50 % höheres Risiko für Harnwegsinfekte. Das Blasenschmerzsyndrom, eine chronisch verlaufende nicht bakterielle Harnblasenentzündung, betrifft 3,8 % der Frauen. Es hat damit eine vergleichbare Prävalenz wie andere chronisch schmerzhafte Krankheiten, beispielsweise Migräne (2,1 %), Asthma (3,7 %) oder Rückenschmerzen (4,1 %).
Dennoch wurde die Vorsorge dieser Krankheitsbilder im Review von Alisa Pascale und ihren Kollegen aus Boston nicht aufgeführt. Sie basieren vorrangig auf den dominierenden Todesursachen, wie Herzkreislauferkrankungen (23,8 %), Krebs (22,4 %), Schlaganfall (6,3 %), chronische Atemwegserkrankungen (6 %) und Alzheimer (4,8 %). Die Plätze 1 bis 8 haben die Autoren nach ihrer Literatur-Recherche wie folgt belegt:
Familienplanung und Sexualgesundheit
kardiovaskuläre Erkrankungen und Schlaganfall
Krebs-Prävention/-Screening und -Früherkennung
Verletzungen
Angststörungen, Depressionen, Missbrauch von Suchtmitteln und Suizidabsichten
Gewalt durch den Partner, Körperverletzung, Totschlag
Atemwegserkrankungen
Arthritis oder muskoskeletale Erkrankungen
Pascale und ihre Kollegen kommen zu dem Fazit, dass die präventiven Maßnahmen im Rahmen des WWV nicht aufgegeben werden sollten. In den USA stünde die Lebenserwartung von Frauen trotz hoher Ausgaben im Gesundheitssystem laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im weltweiten Vergleich nur auf Platz 36, die Müttersterblichkeit auf Platz 48.
Die Autoren des Briefs fordern im Namen der Society for Women's Health Research Interdisciplinary Network on Women's Urological Health Ärzte dazu auf, im Rahmen des WWV auch die urologische Gesundheit anzusprechen.
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