USPSTF: Kein Überlebensvorteil durch jährliche gynäkologische Untersuchungen
Washington - Im Gegensatz zu den meisten Gynäkologen ist die United States Preventive Services Task Force (USPSTF), ein Gremium des US-Gesundheitsministeriums, nicht von den Vorteilen der jährlichen gynäkologischen Vorsorgeuntersuchung überzeugt, die (nicht nur) in den USA ein fester „Ritus“ beim Frauenarzt ist. Einem fehlenden Nachweis eines Nutzens steht laut USPSTF das Risiko gegenüber, dass falsch-positive Befunde unnötige Behandlungen auslösen.
Eine jährliche gynäkologische Untersuchung, zu der neben der Inspektion des äußeren Genitals auch die Untersuchung von Vagina und Zervix mit dem Spekulum und eine bimanuelle Palpation der Ovarien gehört, ist für die meisten Frauenärzte ein unverzichtbarer Bestandteil ihres Angebots zur Gesundheits- und Krebsvorsorge. Es wird geschätzt, dass die Untersuchung, die viele Frauen als unangenehm empfinden, jährlich 60 Millionen Mal durchgeführt wird. Die Mehrheit der Gynäkologen ist fest davon überzeugt, dass die Untersuchung dazu beiträgt, Krebserkrankungen in Cervix, Uterus und vor allem im Ovar frühzeitig zu erkennen.
Die wenigen klinischen Studien, die zu dieser Frage durchgeführt wurden, konnten diese Überzeugung vieler Gynäkologen jedoch nicht bestätigen. Die USPSTF verweist hier vor allem auf die PLCO-Studie (Prostate, Lung, Colorectal, and Ovarian Cancer Screening), wo die manuelle Untersuchung praktisch keinen Beitrag zur Früherkennung leistete: 96,7 Prozent der Ovarialkarzinome, die in der Studie auftraten, waren von den Untersuchern nicht ertastet worden. Daneben gab es eine Reihe von falsch-positiven Ergebnissen, in der PLCO-Studie lag die Rate bei 1,2 Prozent, bei denen die Gynäkologen einen Befund ertasteten, hinter dem sich aber kein Ovarialkarzinom verbarg. Bei etwa jeder zehnten Frau wurde dies erst bei einer Operation erkannt.
Auch die Genauigkeit der klinischen Untersuchung als Screening auf Infektionen wie Herpes, bakterielle Vaginose oder eine Trichomoniasis wird von der USPSTF bezweifelt. Die Qualität der hierzu durchgeführten Untersuchungen war jedoch nur durchschnittlich und die Häufigkeit von falsch-positiven und falsch negativen Ergebnissen schwankte sehr stark. Eine Berechtigung für die klinische Vorsorgeuntersuchung lässt sich nach Ansicht der USPSTF aus den Daten nicht ableiten.
Die Empfehlung der USPSTF, die bis zum 25. Juli zur Diskussion gestellt wird, betrifft ausschließlich die jährliche klinische Untersuchung. Das Screening auf Gebärmutterhalskrebs wird vom USPSTF nicht infrage gestellt. Das Gremium hat außerdem Empfehlungen zum Screening auf Gonorrhö und Chlamydien veröffentlicht.
Das American College of Obstetricians and Gynecologists verteidigte in einer Stellungnahme die jährliche Vorsorgeuntersuchung, die der US-Fachverband allen Frauen ab 21 Jahren empfiehlt. Bei dem jährlichen Untersuchungstermin sollte neben anderen Screening-Untersuchungen immer auch über eine klinische Untersuchung geredet werden. Sie könnte bei Frauen, die über Menstruationsstörungen, Ausfluss, Inkontinenz oder Schmerzen im Beckenbereich klagen oder nicht schwanger werden können, wichtige diagnostische Informationen liefern, so der Verband.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: