Gastroenterologen: Ambulantisierung muss ausreichend finanziert werden

Berlin – Eine anteilige Verschiebung komplexer Leistungen in den ambulanten Sektor bei nicht ausreichender Differenzierung und damit Vergütung berge die Gefahr eines verminderten Leistungsangebotes für technisch aufwendige Interventionen. Davor warnte heute die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).
Grundsätzlich sei die Ambulantisierung stationärer Krankenhausleistungen zu begrüßen, dürfe aber kein „Sparmodell“ werden, betonte Thomas Frieling, Chefarzt der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie, Neurogastroenterologie, Infektiologie, Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin am Helios Klinikum Krefeld. Eine Verknappung einer Leistungserbringung durch Unterfinanzierung sei in beiden Sektoren nicht zu akzeptieren, pflichtete Ulrich Tappe, Vorsitzender des Berufsverbands Niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands (BNG), bei.
Ulrike Denzer, Sektionsleitung Endoskopie an der Klinik für Gastroenterologie der Uniklinik Gießen und Marburg, bescheinigte der Ambulantisierung ein hohes Potenzial für eine bessere Versorgung. Ein Teil der bisher stationär erbrachten endoskopischen Interventionen könne unstrittig gut ambulant erbracht werden.
Allerdings müssten bestimmte Struktur- und Qualitätsvoraussetzungen gegeben sein. Dazu gehöre ein tagesklinisches Setting mit entsprechender Personalausstattung und die Erreichbarkeit einer stationären 24/7-Notfallversorgung.
Zudem stelle eine kosteneffektive Vergütung der dann ambulant beziehungsweise tagesklinisch zu erbringenden Leistungen einen wesentlichen Punkt für die langfristige Umsetzung – auch im Hinblick auf die Vermeidung von Versorgungsengpässen – dar, betonte Denzer. Die Kostenstruktur sei derzeit im ambulanten Abrechnungsbereich nicht abgedeckt.
Eine breite Realisierung des ambulanten Potenzials sei bislang nicht gelungen, sagte Boris Augurzky, Geschäftsführer des Institutes for Health Care Business GmbH (hcb) sowie Leiter des Kompetenzbereichs „Gesundheit“ am RWI Essen. Erkenntnisse aus anderen Ländern würden nahe legen, dass man ein Vergütungsmodell für sektorengleiche Leistungen brauche.
In einem aktuellen Gutachten für die Arbeitsgemeinschaft leitender gastroenterologischer Krankenhausärzte (ALGK), den Berufsverband Gastroenterologie Deutschland (BVGD) und den BNG erarbeite man eine Systematik, wie die bisher stationär erbrachten gastroenterologischer Krankenhausleistungen nun ambulant vergütet werden.
Die zentrale Empfehlung sei die Vergütung sektorengleicher Leistungen auf Grundlage einer eigenen Vergütungssystematik – angelehnt an das DRG-Fallpauschalensystem. Diese „komplex-ambulanten DRG“ sollen auf Basis von Fallkosten der Eintagesfälle mit nur einer Prozedur kalkuliert werden. Die komplex-ambulanten Leistungen könnten – wie die stationären DRG – zu kostenhomogenen Fallgruppen zusammengefasst werden.
Allerdings sollten sie laut Augurzky aufgrund von unterschiedlicher Komplexität und unterschiedlicher Anforderungen an die Behandlung nach Schweregrad differenziert werden („Stufenmodell“). Die Schweregrade definierten sich über die Patienteneigenschaften und die Länge der Prozeduren und führen zu einer gestuften Vergütung der komplex-ambulanten DRG: je höher der Schweregrad, desto höher die Vergütung. Zu empfehlen sei ferner eine Konvergenzphase zur schrittweisen Umsetzung der sektorengleichen Vergütung – denkbar sei ein Einstieg im Jahr 2023.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: