Ärzteschaft

Gefährdete Diabetesversorgung durch Telemedizin verbessern

  • Donnerstag, 28. Mai 2020
/Robert Kneschke, stockadobecom
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Berlin – Die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) warnt vor einer durch die SARS-CoV-2-Pandemie bedingte Unterversorgung von Diabetespatienten in Deutschland. Endo­krinologen und Diabetologen beobachten der Fachgesellschaft zufolge einen starken Rückgang der Patientenzahlen in ihren Praxen.

Dies sei einerseits einem reduzierten Praxisbetrieb zum Zwecke des Infektionsschutzes seit Mitte März geschuldet, sagte DDG-Präsidentin Monika Kellerer heute bei einer Presse­konferenz. Andererseits sei festzustellen, „dass Menschen mit Diabetes aus Angst vor Ansteckung vielfach ihre Arzttermine nicht wahrnehmen“.

Speziell bei Diabetespatienten, deren Stoffwechsellage der stetigen Kontrolle bedarf, kann das Auslassen oder Verschieben von Vorsorge- und Behandlungsterminen dazu füh­ren, dass Notfallsituationen zu spät identifiziert und Folgeerkrankungen begünstigt wer­den. Schwere Hypoglykämien, Ketoazidosen oder ein unbehandelter diabetischer Fuß gehen mit dramatischen Folgen für die Gesundheit einher.

Kellerer zufolge ist nicht auszuschließen, dass es aufgrund der Umstellungen in der kli­nischen Versorgung zum Beispiel zu einem Anstieg von Fußamputationen bei Diabetes­patienten kommen könnte. „Der gesundheitspolitische Fokus hat sich in den vergangenen Wochen so sehr auf die COVID-19-Patienten gerichtet, dass nun chronisch und akut Er­krankte Gefahr laufen, unter die Räder zu geraten“, mahnte die DDG-Präsidentin.

Gerade für Diabetespatienten sei eine gute Therapie in diesen Tagen lebenswichtig, denn es habe sich gezeigt, dass Diabetiker mit schlechter Stoffwechseleinstellung ein signifi­kant erhöhtes Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf haben.

Profitieren könnte die Diabetologie in Pandemiezeiten davon, dass die Digitalisierung in der Disziplin bereits weiter fortgeschritten ist als in vielen anderen Fachgebieten.

In der Diabetesbehandlung stehe die „sprechende Medizin“ im Vordergrund, sagte Karin Schlecht, niedergelassene Fachärztin für Allgemeinmedizin, Diabetologie und Reisemedi­zin in Eisenach. „Insgesamt bietet sie eine Steilvorlage für Telemedizin wie Videosprech­stunden, Telemonitoring und Telekonsile.“

Laut Schlecht bietet die Telemedizin zahlreiche Vorteile sowohl für die Patienten, die sich nicht in die Praxis bemühen müssen, als auch die Behandler. Die Medizinerin nannte etwa die Ortsunabhängigkeit, die einfach Vergabe von Onlineterminen, den Vorteil, Pa­tient und Krankheitsverlauf während der Beratung im Blick zu haben, die Möglichkeit bei akuten Problemen schnell reagieren zu können und bei Bedarf in Echtzeit Kollegen für ein Konsil zuzuschalten.

Auch die Abrechnung sei unkompliziert möglich, so Schlecht, dennoch gebe es bei der Finanzierung Verbesserungsbedarf. Während sich Videosprechstunden problemlos ab­rech­nen ließen, gebe es zum Beispiel für das Telemonitoring in der Diabetologie keine Vergütung. Die Ärztin verlieh der Hoffnung Ausdruck, dass sich der durch die Coronakrise bedingte Trend zur Telemedizin auch in Nichtkrisenzeiten fortsetzen wird – und „nicht am GKV-System scheitert“.

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