Genehmigungsfiktion gilt für Kassen auch bei Patienten mit Auslandswohnsitz

Kassel – Hält eine Krankenkasse bei ihrer Antwort auf einen Leistungsantrag die gesetzlichen Fristen nicht ein, kann dies auch bei einem Wohnort im EU-Ausland zu einer fiktiven Genehmigung führen. Das stellte gestern das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel klar.
Nach weiteren Urteilen ist eine solche Genehmigungsfiktion aber ausgeschlossen, wenn – etwa wegen gesetzlicher Grenzen – den Versicherten klar sein muss, dass ein Anspruch nicht besteht (Az: B 1 KR 36/18 R, B 1 KR 8/19 R und B 1 KR 9/19 R).
Laut Gesetz müssen die Krankenkassen auf einen Leistungsantrag innerhalb von drei Wochen antworten. Wenn sie ein Gutachten des Medizinischen Diensts der Krankenversicherung (MDK) benötigen, müssen sie dies innerhalb der Drei-Wochen-Frist mitteilen und haben dann insgesamt fünf Wochen Zeit. Werden die Fristen nicht eingehalten, gilt der Antrag als „fiktiv genehmigt“.
In einem Fall entschied nun das BSG gestern, dass sich darauf auch Versicherte im EU-Ausland berufen können. Demnach hat die Frau, die ihren Wohnsitz in Großbritannien hat und in Deutschland in Teilzeit bei einem ambulanten Pflegedienst arbeitet, einen Anspruch auf die Versorgung mit den beantragten Hautstraffungsoperationen und Liposuktionen.
„Selbst wenn die Klägerin beabsichtigte, die Behandlung an ihrem Wohnort Großbritannien durchführen zu lassen, handelte es sich nicht um eine von der Genehmigungsfiktion ausgeschlossene Geldleistung“, schreibt das BSG in seinem Terminbericht. Die Beklagte habe über den Antrag nicht innerhalb der maßgeblichen Frist von fünf Wochen entschieden.
„Die Frist verlängerte sich nicht, weil die Klägerin ihren Wohnsitz in Großbritannien hat. Für eine entsprechende Anwendung der Regelungen zur Bekanntgabe von Verwaltungsakten im Ausland fehlt es an einer Regelungslücke. Die Rücknahme der fingierten Genehmigung ist rechtswidrig, denn die Voraussetzungen der Genehmigungsfiktion sind erfüllt“, so das BSG.
Im zweiten Fall wiesen die Kasseler Richter dagegen den Wunsch der Klägerin nach weiteren Leistungen für eine künstliche Befruchtung ab. Die Frau sei inzwischen über 40 Jahre alt, Ansprüche auf Zuschüsse zu einer künstlichen Befruchtung seien aber gesetzlich auf Frauen unter 40 begrenzt. Auch eine „fiktive Genehmigung“ sei für ältere Frauen ausgeschlossen.
Im dritten Fall schließlich begehrte die Klägerin höhere Leistungen für Zahnersatz. Die Krankenkasse hatte letztlich den doppelten Festzuschuss gezahlt. Dies sei „das Höchstmaß dessen, was ein Versicherter beanspruchen kann“, befand das Bundessozialgericht. Auch eine Genehmigungsfiktion für höhere Leistungen scheide daher aus.
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