Geschwindigkeitsbegrenzungen sollten zum Klimaschutz beitragen

Berlin – Der 125. Deutsche Ärztetag hat Geschwindigkeitsbegrenzungen sowohl auf deutschen Autobahnen als auch auf Bundes-, Land- und Ortsstraßen gefordert, um auf diese Weise die Emissionen von Treibhausgasen in Deutschland zu reduzieren.
„Der sich seit mehr als 30 Jahren ankündigende Klimawandel entwickelt sich zur ernsthaftesten Bedrohung der Menschheit“, heißt es zur Begründung in einem Beschluss der Delegierten. „Angesichts des sich rapide schließenden Zeitfensters, unumkehrbare Veränderungen noch aufhalten zu können, sind endlich konkrete Maßnahmen zu ergreifen, selbst wenn deren Effekt prima vista als relativ gering erscheinen mag.“
Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen – eine Festlegung auf eine Höchstgeschwindigkeit enthält der Beschluss nicht – gehöre zu den wenigen sofort realisierbaren und dabei kostengünstigen Maßnahmen, die darüber hinaus die Zustimmung der Mehrheit der deutschen Bevölkerung habe.
Im Verkehr sei der Verbrennungsmotor mit mehr als 20 Prozent an den globalen CO2-Emissionen beteiligt. „Der Anteil ist in den letzten Jahren absolut und relativ gestiegen, da andere Emittenten, wie die Energiewirtschaft, Reduktionen verwirklicht haben, aber auch immer mehr Verbrenner zugelassen wurden“, betonten die Delegierten. „Ohne eine drastische Senkung der Emissionen aus dem Straßenverkehr besteht keine Chance, die Klimaziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.“
Ein differenziertes Tempolimit auf Schnellstraßen, Durchgangsstraßen und Wohngebieten reduziere zudem die Zahl der vorzeitigen Todesfälle, Verletzten und chronisch Kranken, erhöhe die Lebens- und Schlafqualität einer Vielzahl von Bürgern, gebe Kindern mehr Raum zur Entfaltung und entlaste die Umwelt insgesamt durch weniger Flächenverbrauch.
Im vergangenen Jahr hat das Umweltbundesamt errechnet, mit wie hohen Emissionseinsparungen bei der Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen zu rechnen wäre. Demnach würde ein Tempolimit von 130 km/h 1,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einsparen, ein Tempolimit von 120 km/h 2,6 Millionen Tonnen und ein Tempolimit von 100 km/h 5,4 Millionen Tonnen. Insgesamt lagen die Treibhausgasemissionen Deutschlands im vergangenen Jahr bei 739 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Der Verkehrsbereich war dabei für 146 Millionen Tonnen verantwortlich.
Richtwerte für Luftschadstoffe senken
Zudem forderten die Delegierten die Bundesregierung dazu auf, sich in der Europäischen Union (EU) für die Übernahme der neuen Luftqualitätsleitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Luftqualitätsrichtlinie der EU einzusetzen.
Vor kurzem hat die WHO ihre Luftqualitätsleitlinien aktualisiert und dabei die empfohlenen Richtwerte für Ultrafeinstaub und Stickstoffmonoxid in der Außenluft deutlich reduziert.
Die wichtigste Aussage der neuen Leitlinien sei, so der Ärztetag, dass jede Reduktion gesundheitsrelevanter Luftschadstoffe gesundheitliche Vorteile bringe, selbst an Orten mit bereits relativ niedrigen Schadstoffkonzentrationen. „Es ist ein Weckruf, dass die geltenden Gesetze und Verordnungen zur Luftqualität überdacht werden müssen, um deutliche, weitere Verbesserungen zu erzielen“, betonten die Delegierten.
Fortbildungen zum Klimaschutz
Darüber hinaus forderten sie, eine Aufklärung der Patienten über gesundheitliche Folgen des Klimawandels im Rahmen einer Klimasprechstunde als abrechenbare Leistung im EBM abzubilden. Als präventive Maßnahme zur Gesundheitsförderung gehöre diese Beratung zu den zentralen Aufgaben der Ärzteschaft.
„Ärztinnen und Ärzte, wie auch andere Gesundheitsberufe, genießen ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung und sollten diesen Faktor nutzen, um klimagerechtes Handeln als Maßnahme zur Gesundheitsförderung zu vermitteln“, erklärten die Delegierten.
In diesem Zusammenhang forderten sie die Bundesärztekammer und die Landesärztekammern auf, zeitnah allen Ärztinnen und Ärzten regelmäßige Fortbildungen zum Thema „Klimaschutz ist Gesundheitsschutz“ anzubieten sowie über die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels für die Menschen regelmäßig im Deutschen Ärzteblatt beziehungsweise den entsprechenden regionalen Ärzteblättern zu berichten.
Diskutieren Sie mit
Werden Sie Teil der Community des Deutschen Ärzteblattes und tauschen Sie sich mit unseren Autoren und anderen Lesern aus. Unser Kommentarbereich ist ausschließlich Ärztinnen und Ärzten vorbehalten.
Anmelden und Kommentar schreiben
Bitte beachten Sie unsere Richtlinien. Der Kommentarbereich wird von uns moderiert.
Diskutieren Sie mit: