Ärzteschaft

Geschwindigkeits­begrenzungen sollten zum Klimaschutz beitragen

  • Mittwoch, 3. November 2021
/Jürgen Gebhardt
/Jürgen Gebhardt

Berlin – Der 125. Deutsche Ärztetag hat Geschwindigkeitsbegrenzungen sowohl auf deutschen Auto­bah­nen als auch auf Bundes-, Land- und Ortsstraßen gefordert, um auf diese Weise die Emissionen von Treib­hausgasen in Deutschland zu reduzieren.

„Der sich seit mehr als 30 Jahren ankündigende Klimawandel entwickelt sich zur ernsthaftesten Bedroh­ung der Menschheit“, heißt es zur Begründung in einem Beschluss der Delegierten. „Angesichts des sich rapide schließenden Zeitfensters, un­umkehrbare Veränderungen noch aufhalten zu können, sind endlich konkrete Maßnahmen zu ergreifen, selbst wenn deren Effekt prima vista als relativ gering erscheinen mag.“

Ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen – eine Festlegung auf eine Höchstgeschwindigkeit enthält der Beschluss nicht – gehöre zu den wenigen sofort realisierbaren und dabei kos­tengünstigen Maßnah­men, die darüber hinaus die Zustimmung der Mehrheit der deutschen Bevölkerung habe.

Im Verkehr sei der Verbrennungsmotor mit mehr als 20 Prozent an den globalen CO2-Emissionen betei­ligt. „Der Anteil ist in den letzten Jahren absolut und relativ gestiegen, da andere Emittenten, wie die Energiewirtschaft, Reduktionen verwirklicht haben, aber auch immer mehr Verbrenner zugelassen wur­den“, betonten die Delegierten. „Ohne eine drastische Senkung der Emissionen aus dem Straßenverkehr besteht keine Chance, die Klimaziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen.“

Ein differenziertes Tempolimit auf Schnellstraßen, Durchgangsstraßen und Wohngebieten reduziere zu­dem die Zahl der vorzeitigen Todesfälle, Verletzten und chronisch Kranken, erhöhe die Lebens- und Schlaf­­qualität einer Vielzahl von Bürgern, gebe Kindern mehr Raum zur Entfaltung und entlaste die Um­welt insgesamt durch weniger Flächenverbrauch.

Im vergangenen Jahr hat das Umweltbundesamt errechnet, mit wie hohen Emissionseinsparungen bei der Einführung eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen zu rechnen wäre. Demnach würde ein Tempolimit von 130 km/h 1,9 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einsparen, ein Tempolimit von 120 km/h 2,6 Millionen Tonnen und ein Tempolimit von 100 km/h 5,4 Millionen Tonnen. Insgesamt lagen die Treibhausgasemissionen Deutschlands im vergangenen Jahr bei 739 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente. Der Verkehrsbereich war dabei für 146 Millionen Tonnen verantwortlich.

Richtwerte für Luftschadstoffe senken

Zudem forderten die Delegierten die Bundesregierung dazu auf, sich in der Europäischen Union (EU) für die Übernahme der neuen Luftqualitätsleitlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in die Luftqua­li­­tätsrichtlinie der EU einzusetzen.

Vor kurzem hat die WHO ihre Luftqualitätsleitlinien aktualisiert und dabei die empfohlenen Richtwerte für Ultrafeinstaub und Stickstoffmonoxid in der Außenluft deutlich reduziert.

Die wichtigste Aussage der neuen Leitlinien sei, so der Ärztetag, dass jede Reduktion gesundheitsrele­van­ter Luftschadstoffe gesundheitliche Vorteile bringe, selbst an Orten mit bereits relativ niedrigen Schad­stoffkonzentrationen. „Es ist ein Weckruf, dass die geltenden Gesetze und Verordnungen zur Luft­qualität überdacht werden müssen, um deutliche, weitere Verbesserungen zu erzielen“, betonten die Delegierten.

Fortbildungen zum Klimaschutz

Darüber hinaus forderten sie, eine Aufklärung der Patienten über gesundheitliche Folgen des Klima­wandels im Rahmen einer Klimasprechstunde als abrechenbare Leistung im EBM abzubilden. Als prä­ventive Maßnahme zur Gesundheitsförderung gehöre diese Beratung zu den zentralen Aufgaben der Ärzteschaft.

„Ärztinnen und Ärzte, wie auch andere Gesundheitsberufe, genießen ein hohes Vertrauen in der Bevölke­rung und sollten diesen Faktor nutzen, um klimagerechtes Handeln als Maßnahme zur Gesundheitsför­de­rung zu vermitteln“, erklärten die Delegierten.

In diesem Zusammenhang forderten sie die Bundesärztekammer und die Landesärztekammern auf, zeit­nah allen Ärztinnen und Ärzten regelmäßige Fortbildungen zum Thema „Klimaschutz ist Gesundheits­schutz“ anzubieten sowie über die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels für die Menschen regel­mäßig im Deutschen Ärzteblatt beziehungsweise den entsprechenden regionalen Ärzteblättern zu berichten.

fos

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