GKV-Finanzstabilisierungsgesetz weiter in der Kritik

Berlin – Die Auswirkungen der geplanten Aufhebung der Neupatientenregelung waren heute Anlass einer gemeinsamen Sondersitzung der Mitglieder der Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) sowie der Vorstände und VV-Vorsitzenden der Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen). Mit klaren Worten wurde vor den drohenden Folgen der Umsetzung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes gewarnt.
Ohne verlässliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen für die Praxen werde die medizinische Versorgung der Menschen in Deutschland gefährdet, betonte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen. Es drohten „politisch herbeigeführte Leistungskürzungen“. Angesichts der „endlosen Abfolge von Gängelungen und Kürzungen“ sei das Maß nun voll.
„Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz ist kein durchdachtes, schlüssiges Konzept. Es ist ein reines Spargesetz – mehr nicht“, kritisierte der als Gast geladene Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).
In Anbetracht der enormen Herausforderungen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft müsse sich der Staat darauf konzentrieren, systemrelevante Strukturen zu erhalten und zu stärken, zu denen das Gesundheitswesen ohne jeden Zweifel gehöre. Das aktuelle politische Handeln mache diesbezüglich aber keinen Mut.
„Wer hier sinnvolle Strukturen kassieren will, lässt uns alle einen sehr hohen Preis zahlen. Deshalb appelliere ich an die verantwortlichen Politiker: Ersparen Sie uns sinnlose Rotstiftpolitik“, so Reinhardt.
Es gehe um den Erhalt einer für die medizinische Versorgung unverzichtbaren Struktur, warnte KBV-Vizechef Stephan Hofmeister. Bei den Krankenhäusern scheine die Bundesregierung dies anzuerkennen – für die Niedergelassenen gelte das offenbar nicht.
Die Politik müsse sich ihrer Verantwortung für die zu erwartenden Folgen bewusst sein, betonte auch Frank Dastych, Vorstandsvorsitzender der KV Hessen. Es gelte, so sein Appell, den „versorgungsfeindlichen“ Gesetzentwurf im Bundestag zu stoppen. Der „Bundeskrankenhausminister“ betreibe einen unsozialen Umbau der Versorgungsstrukturen, kritisierte Dirk Heinrich, Vorsitzender der VV der KV Hamburg.
Frank Bergmann, Vorstandsvorsitzender der KV Nordrhein, sprach von einem „Wortbruch“ des Bundesgesundheitsministers. Die Einsparungen bei den Arztpraxen seien als Mittel zur Lösung der GKV-Finanzprobleme „völlig unangemessen“. Als „Betrug“ an den Niedergelassenen bezeichnete Wolfgang Krombholz, Vorstandsvorsitzender der KV Bayerns, die Pläne zur Rückabwicklung der Neupatientenregelung.
Unterstützung gab es auch heute vom Bundesverband Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI). Man solidarisiere sich ausdrücklich mit der KBV und den Kassenärztlichen Vereinigungen, die in den vergangenen Tagen gegen die Abschaffung der extrabudgetären Vergütung für die Aufnahme von Neupatienten protestierten, sagte BDI-Präsidentin Christine Neumann-Grutzek beim 15. Deutschen Internistentag. Das Vorhaben sei, „aus unserer Sicht nicht nachzuvollziehen, weil es die Versorgung nicht verbessert, sondern verschlechtert“, erklärte Neumann-Grutzek.
Besonders störe sie sich an der Argumentation von Lauterbach, der sich auf angebliche Daten beruft, die eine ausbleibende Wirkung der Neupatientenregelung aufzeigen würden. Es gäbe schlicht keine Zahlen oder Daten, die das tun, wandte sie ein. „Da frage ich mich ein bisschen, wo die Wissenschaftlichkeit des Ministers ist, auf die er sonst so viel hält.“
Zwar seien die kürzlich vorgelegten Zahlen des Zentralinstituts für kassenärztliche Versorgung (Zi) auch nicht von neutraler Stelle, doch seien sie wenigstens eine Diskussionsgrundlage, ergänzte Vizepräsident Norbert Smetak: „Das Zi ist auch einseitig, aber es sind wenigstens Zahlen, die man nachprüfen kann. Die Bundesregierung hat noch nichts vorgelegt.“
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