GKV-PKV-Vergleich: Grüne sehen Leistungsvorteile bei gesetzlicher Krankenversicherung

Berlin – Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ist nach Ansicht der Grünen deutlich besser als ihr Ruf. Sie berufen sich auf eine von der Grünen-Bundestagsfraktion in Auftrag gegebene Studie des Instituts PremiumCircle. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass private Krankenversicherungen selbst in teuren Premiumtarifen weniger Leistungen bieten als Krankenkassen. Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV) macht Studienmängel aus, die zu falschen Behauptungen führten.
„Die wiederkehrende Behauptung, die gesetzliche Krankenversicherung sei nur zweitklassig, wird mit dieser Untersuchung klar widerlegt“, sagte Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Etliche der untersuchten Privattarife könnten nicht einmal elementare Leistungen garantieren, kritisierte die Grünen-Abgeordnete.
Der Untersuchung zufolge werden bei den Top-Tarifen der privaten Versicherer im Schnitt mehr als ein Viertel (27 Prozent) der als unverzichtbar definierten Mindestanforderungen nicht erfüllt. Bei der GKV seien es nur drei Prozent.
Allerdings räumen die Autoren der Kurzstudie selbst ein, „eine präzise vergleichende Bewertung“ der beiden Versicherungsmodelle sei angesichts unterschiedlicher Einflussfaktoren „analytisch nicht möglich“. „Wir weisen daher explizit darauf hin, dass in der vorliegenden Kurzstudie bei der Bewertung einiger Leistungskriterien abgewogen werden musste, ob die jeweiligen Leistungen der GKV in ihrem Umfang in etwa mit denen der PKV vergleichbar sind“.
Lücken bei Kuren und Reha
Für die Studie definierte PremiumCircle 103 Mindestkriterien, 100 davon seien Bestandteil des Leistungskatalogs der GKV. Zusätzlich aufgenommen wurden unter anderem höhere Leistungen beim Zahnersatz und eine Kostenübernahme bei Brillen ohne Altersbeschränkung, was nach Ansicht der Studienautoren zu einer umfassenden Krankenversicherung gehören sollte.
Große Lücken im Vergleich zur GKV gibt es laut Studie bei den Privattarifen insbesondere bei Kuren und der Rehabilitation. Schlechtere Bedingungen bestünden häufig auch bei der Palliativversorgung, der häuslichen Krankenpflege, der Psychotherapie sowie bei Impfungen.
Die Bewertung der Leistungen der PKV-Tarife ist nach Darstellung der Studienautoren vergleichsweise einfach: „Was nicht vertraglich klar garantiert ist, ist nicht versichert.“ Es handelt sich hier also um ein klassisches Versicherungsmodell, das mit dem Versicherer individuell ausgestaltet werden kann.
Die GKV ist dagegen eine Solidarmodell: Alle zahlen je nach Einkommen ein und bekommen im Krankheitsfall Leistungen nach einem relativ einheitlichen Katalog. Nach der Studie gestaltet sich die Bewertung der Leistungen des Solidarmodells GKV denn auch schwieriger.
Das Leistungsgefüge sei sehr komplex und fortlaufend von Entscheidungen des Gesetzgebers und des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) abhängig. Überdies gebe es immer wieder Berichte, wonach Versicherte Probleme haben, gesetzliche Leistungen in der Praxis auch tatsächlich zu erhalten. Auch sei häufig der zeitnahe Zugang zu Fachärzten deutlich schwieriger als in der PKV, so die Studie.
Grüne, SPD und Linke streben seit Langem und in unterschiedlicher Ausprägung eine einheitliche Bürgerversicherung an, die wahrscheinlich das Aus für die PKV in der heutigen Form bedeuten würde.
PKV: Studie hat Defizite
Aus Sicht des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV) haben die Ergebnisse der Untersuchung daher auch „mit dem realen Versorgungsgeschehen und den Erfahrungen der Versicherten beim Arzt oder im Krankenhaus nur wenig zu tun“, wie der Verband auf seiner Internetseite schreibt.
So seien viele Leistungen, die die Gutachter in den PKV-Vertragswerken vermissen, „sehr wohl Bestandteil der Versorgung von Privatversicherten“. „Beispiel Palliativversorgung: Tatsächlich gibt es darauf in den Tarifen vieler langjährig Privatversicherter formal keinen verbrieften Anspruch. Dies liegt aber nur daran, dass die Verträge aus einer Zeit stammen, in der diese Versorgung noch nicht sehr verbreitet war – und auch in der GKV nicht vorgesehen“, so der Verband.
Da die PKV-Unternehmen ihre Vertragswerke nachträglich nicht ändern dürften, sei eine Leistungsausweitung nur als nebenvertragliche Zusage möglich. Dies sei schon vor Jahren branchenweit erfolgt, so dass alle Privatversicherten Anspruch auf Hospiz- und Palliativversorgung hätten.
„Auch deshalb steht unseres Erachtens außer Frage: Wer die Versicherten selbst oder auch bei Ärzten, Krankenhäusern und Therapeuten nachfragt, kommt ganz sicher nicht zu dem Ergebnis, dass Privatversicherte schlechter versorgt werden“, so der PKV-Verband.
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